Vor öffentlichen Auftritten habe der libysche Diktator Amphetamine eingenommen, sagt der Publizist Heinz Nußbaumer.
Der nahostkundige Publizist Heinz Nußbaumer führt die bizarren Auftritte und die Realitätsverweigerung des libyschen Ex-Diktators Muammar al-Gaddafi auf langjährige psychiatrische Probleme und auf die Folgen schwerer Medikamentierung zurück. Ägyptische Regierungspolitiker hätten bereits zwischen 1975 und 1984 Informationen geliefert, dass sich Gaddafi in Ägypten regelmäßig in stationärer psychiatrischer Behandlung befunden habe.
Nach Auskunft seiner Informanten habe es sich um eine Mischung aus manisch-depressivem Leiden und dem Borderline-Syndrom gehandelt, erläuterte Nussbaumer, der Gaddafi in den 80er Jahren mehrfach getroffen und interviewt hatte. In den späten Jahren seien Folgen der Medikamentierung wegen eines Rückenleidens Gaddafis hinzugekommen. Vor öffentlichen Auftritten habe der libysche Machthaber außerdem Amphetamine eingenommen, was die euphorischen Gefühlsausbrüche in seinen Reden erklären könnte. Cortison-Behandlungen seien in Gaddafis aufgedunsenem Gesicht deutlich abzulesen gewesen.
Gegensätzliche Gruppen in Libyen als Gefahr
Nußbaumer ist überzeugt, dass die gegenwärtige Entwicklung in Libyen nicht ohne weiteres als demokratische Revolution aufgefasst werden dürfe. Es bestehe die Gefahr, dass die Gegensätze - zwischen Arabern und Berbern, dem Osten und dem Westen des Landes sowie zwischen einzelnen Stämmen - die durch die Gewaltherrschaft Gaddafis unterdrückt worden seien, jetzt wieder aufbrechen. Die gegenseitige Aggressivität der unterschiedlichen Gruppierungen sei augenscheinlich.
Positiv für die weitere Entwicklung seien die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Landes, betont der Nahostkenner. Die Einnahmen aus den Rohstoffquellen würden einen demokratischen Aufbau begünstigen.Der Analphabetismus sei in Libyen heute niedrig, die Menschen hätten Wohnung und Pension, in Libyen gebe es Frauenrechte, die in anderen arabischen Ländern undenkbar seien.
Der Westen müsse sich der Schwierigkeiten des Wiederaufbaus Libyens bewusst sein, meint Nußbaumer. Es genüge nicht, nur ein Ende der Migrationsströme nach Europa und die Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zu erwarten.
(Ag.)