Ein Voting für nachhaltige Baukultur in Österreich

Ursula Schneider und Fritz Oettl werden von Werner Kretschmer ausgezeichnet.
Ursula Schneider und Fritz Oettl werden von Werner Kretschmer ausgezeichnet.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Creative Industries. Das Wiener Büro POS Architekten wurde mit dem Austria'11-Award ausgezeichnet, der sie für ihr konsequent ökologisches Engagement in der Architektur belohnte.

Im einem waren sich alle Festredner der Austria'11-Gala einig: Das „K-Wort“ sollte für ein paar Stunden vergessen werden, damit man sich ganz auf herausragende Leistungen der zu würdigenden Österreicher des Jahres konzentrieren konnte. Die Kreativität war selbstverständlich nicht damit gemeint, denn der CEO der „Presse“, Reinhold Gmeinbauer, hatte schon in seiner Eingangsrede darauf hingewiesen, dass „sich Österreich mit Ideen und Imaginationskraft auch in schwierigen Zeiten etwas zutrauen darf“.

In der Königsdisziplin unter den Ideenwirtschaften, den Creative Industries, emanzipierten sich die Architekten schon längst von technisch versierten Erfüllungsgehilfen zu maßgeblichen Innovatoren in der Baukultur. Deshalb war es nur konsequent, das Engagement für nachhaltige Architektur diesmal mit einem Austria'11-Award zu belohnen: Das POS-Architekten-Duo, Ursula Schneider und Fritz Oettl, wurde zu Österreichern des Jahres in der Kategorie Creative Industries gekürt.

Immer, wenn man glaubt, es geht nicht mehr weiter, zeigen kreative Menschen neue Wege auf, meinte die Moderatorin des Gala-Abends, Claudia Reiterer. Fünf ganz unterschiedliche Wege hatten für fünf Kreative zunächst auf die Nominierungsliste geführt. Webdesign, Mode, Musikwirtschaft, Produktdesign und Architektur fanden sich darauf, im Publikumsvoting danach kristallisierten sich die Favoriten der „Presse“-Leser heraus: Michael Breitenbrücker gelang etwa mit seinem visionären Projekt der reaktiven Musiksoftware RjDj der Sprung unter die drei Finalisten. „Dass auch Kreative als Österreicher des Jahres ausgezeichnet werden, ist ein tolles Signal an Herrn und Frau Österreicher“. Auch das Designertrio Pudelskern wertete die Nominierung bereits „als großen Erfolg“, wie Georg Öhler meinte. Die drei Tiroler lassen mit Vorliebe ihre Produkte, von der Leuchte bis zum Teppich, Geschichten erzählen, unter anderem jene von lokalen Materialien und Produkten, die den Weg in internationale Labels finden.

Das bauliche Erbe nachhaltig gestalten

Werner Kretschmer, Chef von Pioneer Investments Austria, durfte schließlich den Gewinnernamen POS Architekten aus dem Kuvert ziehen. Zuvor meinte er, dass gerade dadurch, dass auch die Kreativwirtschaft bei Austria'11 eine prominente Rolle spielt, sichergestellt wird, dass die Geschichten der Zukunft nicht nur entdeckt, sondern auch unterstützt werden. Die Erfolgsgeschichten vergangener Jahre geben ihm recht.

Nach kurzem Austausch ungläubiger Blicke kamen Ursula Schneider und Fritz Oettl aufs Podium, um den Preis entgegenzunehmen. Die Fachjury honorierte mit ihrer Entscheidung ihr konsequentes Engagement für nachhaltige Baukultur. Und das nicht nur innerhalb der Landesgrenzen, wie gerade ihr erst kürzlich fertig gestelltes Projekt in Indonesien zeigt. Dort bewiesen sie mit dem Entwurf für die österreichische Botschaft in Jakarta, dass ökologisches Bauen alles andere als kompliziert, teuer und langwierig sein kann. Oettl und Schneider betonten in ihrer Dankesrede, dass ihre Auszeichnung ein Bekenntnis für die Nachhaltigkeit bedeute – ein Prinzip, das sie tagtäglich im Alltag wie im Beruf versuchen zu leben, wie Oettl meint: „Das reicht von der Entscheidung, wie wir wohnen, welche Verkehrsmittel wir benutzen, welche Produkte wir essen, bis zu den Werten, die wir unseren Kindern vermitteln.“

Als beispielhafte „Unterstützerin“ ihrer nachhaltigen Anliegen dankte Schneider insbesondere ihrer Mutter, stellvertretend „für alle, von denen wir etwas gelernt haben“. Aber auch ihrem dritten Sohn Peter als Vertreter der zukünftigen Generation, „denen wir ein würdiges geistiges und gebautes Erbe übergeben wollen“. Und diese architektonische Verlassenschaft soll möglichst nicht aus Einfamilienhäusern bestehen, darin sind sich Oettl und Schneider einig: „Das ist kein ökologisches Modell“, allein durch die Wege und Energiekosten, die dadurch produziert werden.

Wie nachhaltige Lösungen in der Architektur aussehen können, da dürfte im Grunde der ganze Planet von Österreich noch etwas lernen, ist auch Volker Dienst, Vorstand der Architekturplattform „Architektur in Progress“, überzeugt. Vor allem bei Innovationen wie jenen, an denen POS Architekten tagtäglich forschen und arbeiten. Zuletzt durfte sich auch Südkorea davon überzeugen: Im Juni stellte Ursula Schneider als eine der Hauptreferenten der Vortragsreise „Future Building Solutions from Austria“ auch drei Projekte ihres Studios vor: das Schiestlhaus, ein hochalpines Schutzhaus, Energybase, ein Bürohaus in Wien sowie die kürzlich eröffnete österreichische Botschaft in Jakarta, allesamt in Passivhaus-Bauweise errichtet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2011)

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