Westbahn: „Zugfahren ist in Österreich viel zu günstig“

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Wie der Staat die ÖBB subventioniert, sei ein „völliger Schwachsinn“, sagt Westbahn-Chef Wehinger. Österreichweit gebe es „keine einzige Strecke“, die er zu ÖBB-Konditionen nicht befahren würde.

Wien/Stef. Bahnfahrer zahlen in Österreich kaufkraftbereinigt im Durchschnitt um 40 Prozent weniger für ihre Zugtickets als in der Schweiz und um 30 Prozent weniger als in Deutschland. Dafür kommt zum größten Teil die Allgemeinheit auf: 4,1 Mrd. Euro schossen die Steuerzahler im Vorjahr den ÖBB zu (inklusive Pensionskosten, exklusive übernommene Garantien).

„Dieses System ist ein völliger Schwachsinn“, sagte Stefan Wehinger Donnerstagabend im Rahmen eines Vortrags beim Leitbetriebe Austria Klub in Wien. Der frühere ÖBB-Vorstand wird ab 11.Dezember mit seiner Privatbahn auf Schiene gehen. Konkret stört den Westbahn-Chef weniger die Tatsache, dass die ÖBB Subventionen bekommen, sondern vielmehr, „dass Kostensteigerungen ganz automatisch vom Staat übernommen werden“.

Tatsächlich beschlossen Bund und ÖBB im Vorjahr, dass der Bahn externe Kostensteigerungen abgegolten werden. Erhöhen sich beispielsweise die Energiekosten, trägt die Differenz automatisch der Steuerzahler. „Das ist eine schamlose Marktverzerrung“, sagt Wehinger, der darin auch den Grund sieht, dass seit 2009 die Ticketpreise trotz hoher Inflation nicht gestiegen sind. „Zugfahren ist in Österreich viel zu günstig“, sagt der Westbahn-Chef.

Vonseiten der ÖBB heißt es, dass die Abgeltung von Kostensteigerungen „auf jeden Fall notwendig sei“, weil „es sich um Kosten handelt, für die wir nicht verantwortlich sind“. Auch, dass der Vertrag über zehn Jahre bis 2020 geschlossen wurde, sei wegen der Planungssicherheit unumgänglich.

Dänemark als Vorbild?

Wehinger nennt Dänemark als Vorbild für den Umgang mit Unterstützungszahlungen an die Bahn. Dort sinken die Zuschüsse seit 2005 kontinuierlich. „Man half der Bahn, sich langsam an den Markt zu gewöhnen, und das ist gut so“, meint er. Allerdings: In Dänemark wurde der Cargo-Bereich bereits privatisiert, in Österreich werden entsprechende Diskussionen seit Jahren im Keim erstickt.

Erneut Öl ins Feuer goss Wehinger zum Thema, welche Strecken seine Westbahn künftig bedienen könnte. Erst vergangene Woche forderte er, dass der Bund Salzburg–Graz ausschreiben müsse und nicht automatisch an die ÖBB vergeben dürfe. Donnerstagabend legte er nach: „Wir würden jede Strecke in Österreich befahren, wenn wir die gleichen Konditionen wie die ÖBB erhalten.“

Österreichweit bekommen die ÖBB laut Verkehrsministerium für den Betrieb von fünf Strecken (darunter Wien–Salzburg) keine Zuschüsse, den Rest betreiben die Bundesbahnen zumindest zum Teil auf Kosten der Steuerzahler. „Es gibt keine einzige Strecke, die wir nicht günstiger anbieten könnten“, sagt Wehinger. Die ÖBB berufen sich auf die hohen Personalkosten: Zwei Drittel der rund 44.100 Mitarbeiter (inklusive Lehrlinge) sind pragmatisiert. „So wie die ÖBB sind, so ist Österreich“, sagt Wehinger dazu pragmatisch.

„ÖBB werden durch uns besser“

Eine Änderung ortet der frühere ÖBB-Manager bei den Staatsbahnen jedenfalls: „Die ÖBB werden durch uns besser. Sie machen plötzlich Sachen, die sie früher niemals gemacht hätten.“ Dabei bezieht sich Wehinger etwa auf die teilweise Einführung von Internetverbindungen in den Zügen, aber auch darauf, dass ÖBB-Chef Christian Kern angekündigt hat, einige Strecken künftig einzustellen.

„Wenn man bei den ÖBB einen Manager einmal zehn Jahre lang arbeiten lassen würde, dann würde sich auch irgendwann der Erfolg einstellen“, meint Wehinger. „Aber das wird nicht passieren, solange die Politik das Sagen hat.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.10.2011)

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