Chinas Handelsminister: "Alle Länder in einem Boot"

Chinas Handelsminister Alle Laender
Chinas Handelsminister Alle Laender(c) EPA (JEAN-CHRISTOPHE BOTT)
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China verspricht Europa "tatkräftige Unterstützung". VP-Wirtschaftsminister Mitterlehner möchte Österreichs Handelsvolumen mit China in fünf Jahren verdoppeln.

Chinas Handelsminister Chen Deming hat dem schuldengeplagten Europa "tatkräftige Unterstützung" versprochen und Investitionen in Aussicht gestellt. "Alle Länder sitzen in einem Boot. Wir müssen zusammenhalten, damit sich Europa erholt", sagte Chen beim "Österreichisch-Chinesischen Wirtschaftsforum" im Rahmen des Staatsbesuchs vom chinesischen Staats- und Parteichef Hu Jintao in Wien. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) und Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl hatten zuvor die "besondere Verantwortung" Chinas für die Stabilisierung der Weltwirtschaft betont.

Zuvor hatten die beiden Präsidenten Heinz Fischer und Hu Jintao insgesamt sieben chinesisch-österreichische Abkommen unterschrieben, die die Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Handel, Umweltschutz, Bildung und Kultur vorantreiben sollen. Die Volksrepublik sei bereit, mit Europa zur Wiederbelebung der Weltwirtschaft zusammenzuarbeiten, sagte der Staats- und Parteichef dabei in einer Presseerklärung. China stehe der EU positiv gegenüber und verfolge die wirtschaftliche Entwicklung seiner europäischen Partner mit Aufmerksamkeit.

Der chinesische Staats- und Parteichef machte keine Angaben, ob und inwieweit die Volksrepublik bereit ist, in Europa zu investieren. Journalistenfragen waren nach den Statements der beiden Präsidenten nicht zugelassen.

Handelsvolumen verdoppeln

Mit einer Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen zu China sieht Mitterlehner eine Möglichkeit, Österreichs Exportmärkte zu diversifizieren. Europa, wohin gegenwärtig 80 Prozent der Exporte gehen, sei aber eine Region mit hohen Schulden und niedrigem Wachstum, während China niedrige Schulden und ein hohes Wirtschaftswachstum habe. "In den nächsten fünf Jahren wollen wir das Handelsvolumen zwischen Österreich und China auf 17 Milliarden Euro verdoppeln", so das Ziel des Wirtschaftsministers.  2010 betrug das gemeinsame Handelsvolumen 8,2 Milliarden Euro. "Wenn wir etwas arbeiten, werden wir nächstes Jahr die 10-Milliarden-Marke überspringen", sagte Leitl. Derzeit haben rund 600 österreichische Unternehmen in China eine Niederlassung, rund 2 Milliarden Euro haben Österreicher bisher in China investiert.

WKÖ-Präsident Leitl appellierte an den chinesischen Handelsminister, "die Stimme zu erheben, dass wir notwendige Regeln im Finanzsystem haben", denn das Finanzsystem beeinflusse sehr stark auch die Realwirtschaft. "Jede Marktwirtschaft braucht auch einen Regelungsmechanismus", sagte Leitl in seiner Rede. Er begrüßte die Pläne der chinesischen Regierung, künftig verstärkt in Europa zu investieren. "Wir kaufen uns in China ein und die Chinesen kaufen sich in Europa ein. Das ist eine gleichwertige Partnerschaft", sagte Leitl.

Handelsminister Chen kündigte an, dass seine Regierung der Binnennachfrage künftig noch mehr Bedeutung beimessen werde. China halte an seiner offenen Handelspolitik fest und werde keinen Handelsüberschuss anstreben. Zugleich hoffe man auf ein engagiertes Eintreten Österreichs für eine Anerkennung Chinas als Marktwirtschaft und für eine Lockerung der Handelsbeschränkungen gegenüber China.

Chinas Staats- und Parteichef Hu Jintao wird von einer Wirtschaftsdelegation mit Vertretern von rund 50 chinesischen Unternehmen begleitet. Der Präsident der chinesischen Wirtschafts- und Außenhandelsorganisation CCPIT, Wan Jifei, sieht Chancen für eine Zusammenarbeit von chinesischen und österreichischen Unternehmen vor allem im Bereich der Erneuerbaren Energie, im Maschinen- und Fahrzeugbau, bei neuen Technologien und bei Lebensmitteln.

China: In Europa gern gesehener Investor

Beobachter führen das Interesse der chinesischen Wirtschaft an Europa auch an der Aufwertung der chinesischen Währung gegenüber dem Euro zurück. Europäische Firmen sind aufgrund des billigeren Euro attraktiver geworden. Die Chinesen haben ihr Portfolio an europäischen Unternehmen zuletzt deutlich ausgebaut.

Größere Happen holten sich die Chinesen dagegen in der europäischen Autoindustrie: Bereits im Vorjahr schnappte sich die Zhejiang Geely Holding Group den schwedischen Autobauer Volvo um 1,8 Milliarden Dollar (1,3 Milliarden Euro). Bis zum Jahresende soll auch der insolvente schwedische Autobauer Saab chinesisch werden. Die chinesischen Investitionen konzentrieren sich aber nicht auf bestimmte Branchen oder Länder: Der Computerhersteller Lenovo erhielt heuer Ende Juli grünes Licht für die Übernahme des deutschen Elektronik-Großhändler Medion erhalten, der vor allem die Diskontkette Hofer/Aldi beliefert. Das Investment wird auf knapp 630 Millionen Euro geschätzt.

Dass die chinesische Wirtschaft massiv auf Auslandsexpansion setzt, geht auch aus der Statistik des chinesischen Handelsministeriums hervor: Demnach investierte das Reich der Mitte 2002 knapp 30 Mrd. Dollar im Ausland, 2009 waren es mehr als achtmal soviel, nämlich 246 Mrd. Dollar.

(APA)

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