Als Buhmann unentbehrlich

Fritz Neugebauer führt weiter die Beamtengewerkschaft, für die Regierung ist das bequem.

Er verkörpert den öffentlichen Dienst schlechthin: Fritz Neugebauer, der Vorsitzende der Beamtengewerkschaft, ist für viele außerhalb des Staatsdienstes das sprichwörtliche rote Tuch. Weil er Interessen der öffentlich Bediensteten – von den Lehrern bis zu den Verwaltungsbeamten – notfalls mit Druck bis hin zu Streikdrohungen durchboxt, und damit schon etliche Regierungsmitglieder – Unterrichtsministerin Schmied kann ein Lied davon singen – zur Verzweiflung gebracht hat.

Ehemalige Politiker, die nun als Wutbürger wiederkehren, und Ex-Vizekanzler, die für Volksbegehren die Werbetrommel rühren, haben derzeit gerade Hochkonjunktur. Und es ist auch kein Wunder, dass der „Bulle von Wien“, wie er von einem ÖVP-Arbeitnehmervertreter einst bezeichnet wurde, weiter an der Spitze der Gewerkschaft öffentlicher Dienst stehen soll. Die Mitglieder müssten Neugebauer ob der Erfolge beispielsweise bei Gehaltsverhandlungen noch zu Lebzeiten längst ein Denkmal errichten. Allerdings ist es kein Zeichen von Erneuerung und Stärke, wenn eine Gewerkschaft keine personelle Alternative findet und daher einen 67-Jährigen gleichsam auf Knien um eine Wiederkandidatur bittet.


Die ÖVP und Obmann Michael Spindelegger können keine wirkliche Freude mit dieser Entscheidung haben. Eine Volkspartei, die nur als Außenstelle zweier schlagkräftiger Interessenvertretungen – der Bauern und Beamten – wahrgenommen wird und sich zum Beamten-Bauern-Wahlverein entwickelt, wird es schwer haben, Anziehungskraft bei anderen Wählerschichten zu gewinnen.

Für die Regierung kann einer wie der Beamtenchef freilich ganz bequem sein. Da hat sie in vielen Fällen einen Sündenbock, dem sie das eigene Scheitern bei Reformen in die Schuhe schieben kann. Als Buhmann ist Neugebauer so gesehen unentbehrlich.

karl.ettinger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.11.2011)

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