Revitalisierungen: Leerstand? Muss nicht sein!

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Frische Ansätze zur Wiederbelebung leerer Gebäude oder Ortszentren zeigen, wie ein heikles Thema offensiv angegangen werden kann.

Hausbesitzer, die keine Miete bekommen, öde Gegenden für Bewohner und Besucher, ganze Handelszonen in Gefahr: Die Häufung von leeren Geschäftslokalen ist in dreifacher Hinsicht unerwünscht. „Leerstand wird aus der Sicht der Ästhetik des Stadtbildes als etwas Negatives wahrgenommen, und das strahlt imagemäßig auch auf die Umgebung aus“, erklärt Wolfgang Richter, Geschäftsführer von RegioPlan Consulting. Besonders in kleineren Ortschaften oder Städten und in städtischen Nebeneinkaufslagen sei dies ein Problem – weniger in den großen Einkaufsstraßen.

Wandel oder Abriss: Gegenmittel zum Verfall

Eine Polarisierung zeichnet sich ab. Diese ist vor allem von den Bedürfnissen des Handels und denen seiner Kunden getrieben. „Der Einzelhandel ist von Filialen geprägt. Was einzelne, inhabergeführte Geschäfte betrifft, gibt es mehr Schließungen als Geschäftsgründungen“, sagt Richter. Kleine Läden in Altbauten hätten zwar mitunter eine schöne Fassade, seien aber heutzutage für den Handel baulich ungeeignet und schwer zu adaptieren. Strukturwandel heißt das Schlagwort – auf dem Land und in der Stadt. Längst sind nicht nur Geschäftslokale betroffen: Gewerbliche Bauten aller Art (siehe Bericht Bürobestand Wien Seite I 15), aber auch alte Hotels, Einfamilienhaussiedlungen oder Bauernhöfe bleiben immer öfter ungenutzt zurück, stehen leer und sind dem Verfall preisgegeben. Dies stellte man bei der ersten Leerstandskonferenz vom 20. bis 21. Oktober in Ottensheim bei Linz fest. Einer der Programmpunkte führte in das „Textile Zentrum Haslach“. Als Zentrum der Mühlviertler Leinenweberei war es einst Arbeitsplatz hunderter Menschen, nach Betriebsschließung hielt nur mehr die Baufälligkeit Einzug. Dank einer Revitalisierung beherbergt das Areal nun Veranstaltungssäle, Gastronomie, Musikschule, Museum, Sozialeinrichtungen und verschiedene Firmen.
Die Belebung ganzer Ortskerne ist besonders im ländlichen Raum ein Thema. So gelang es im Tiroler Ort Silz mittels gezielter Bauberatung, viele der ungenutzten Objekte zu revitalisieren. Schätzungen zufolge stehen in ganz Tirol 16.000 Gebäude in den Ortszentren leer. Warum oft lange nicht eingegriffen wird? „Weil es sich um einen schleichenden Prozess handelt, der politisch möglichst lange Zeit nicht thematisiert wurde“, so der Tenor bei der Konferenz. Das Phänomen sei aber international. „Man muss den Leerstand beim Namen nennen“, lautet daher das Motto von Stephanie Arens, Leiterin eines Förderprogramms aus Südwestfalen in Deutschland. Abriss als Alternative zur Revitalisierung ist dort kein Tabu mehr. Umso mehr Energie will man in jene Strukturen stecken, die erhalten werden sollen.

Ideen sammeln, Impulse geben

Intensive Gespräche direkt im Ort und praxisnahe Methoden zur Einbindung der Bürger sind zwei wesentliche Bestandteile der Ideenwerkstatt der Architektengruppe „Nonconform – Architektur vor Ort“. Einer ihrer Geschäftsführer, Roland Gruber, betont die Notwendigkeit, sich mit den Themen auseinanderzusetzen: „170 Sitzungen hat es mit dem Bürgermeister in der Stadt Haag gegeben.“ Am Ende ging daraus unter anderem das Theaterprojekt für den Hauptplatz hervor – das Zentrum ist mittlerweile wieder ein Anziehungspunkt. Die Linzer Initiative „Schwemmland“ setzt ebenfalls auf Veranstaltungen, um besonderen Orten Impulse zu geben. Interessierte kamen etwa auf einem Flachdach in einem Gewerbegebiet oder auf einem überwucherten Tennisplatz zusammen. Immer geht es darum, den Raum anders wahrzunehmen: „So kann man die Atmosphäre aufnehmen und mit einem zweiten Blick neue Qualitäten entdecken“, beschreibt der Schwemmland-Projektinitiator Christoph Wiesmayr die Intention. Vor allem für die Kreativen seien ungenutzte Flächen immer auch „Imaginationsräume“. Traditionellere Initiativen, die nur eine Mieternachfolge anstreben, wirken lediglich punktuell. Standortexperte Richter steht einer solchen Reaktivierung von einzelnen Lokalen skeptisch gegenüber: „Manchmal können derartige Bemühungen zwar genau passen, jedoch wird das nie über das Wohl einer ganzen Handelszone entscheiden.“
http://schwemmland.wordpress.com
www.nonconform.at, www.regioplan.eu,
www.textile-kultur-haslach.at

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