Sollen Tickets in Zügen der ÖBB und der Westbahn gültig sein - unabhängig davon, wo sie gekauft wurden? Das fordert die Westbahn, die ÖBB warten noch zu.
Wien/Stef. Einen Monat vor Betriebsbeginn der privaten Westbahn verschärft sich im Konkurrenzkampf mit den ÖBB die Tonart: Bei der staatlichen Bahn „fehlt die Gesprächsbereitschaft“, sagte Stefan Wehinger Montagabend in Wien. Der Westbahn-Chef fordert unter anderem, dass seine Züge in das Fahrplansystem der ÖBB aufgenommen werden. Außerdem sollen Bahnkunden, egal welches Ticket sie besitzen, sowohl mit der Westbahn als auch mit den ÖBB fahren können. Zwei Ideen, mit denen Wehinger bei den Bundesbahnen auf taube Ohren stößt.
Doch macht es nicht Sinn, dass die ÖBB dem neuen Konkurrenten den Zugang zum Fahrplansystem „Scotty“ verwehren wollen? Wehinger führt die öffentlichen Subventionszahlungen an die ÖBB ins Treffen: Exklusive Garantien und der Zahlungen für die ÖBB-Pensionisten schießen die Steuerzahler dem defizitären Unternehmen jährlich 2,4 Mrd. Euro zu. Nicht zuletzt deshalb sei auch das Fahrplansystem subventioniert, argumentiert Wehinger. Aus diesem Grund sei es nur recht und billig, würde seine Westbahn darin aufgenommen werden.
Vonseiten der ÖBB hieß es bis zuletzt, dass eine Aufnahme der Westbahn kartellrechtlich bedenklich und deshalb gar nicht möglich sei. Allerdings gab die Wettbewerbsbehörde mittlerweile zu verstehen, dass eine Aufnahme nicht zwingend gegen ihre Auflagen verstieße. „Wir müssen das erst juristisch klären lassen, deshalb können wir nichts dazu sagen“, teilte eine ÖBB-Sprecherin am Dienstag auf Anfrage mit.
Auch zur zweiten Forderung Wehingers, wonach Bahnkunden – unabhängig davon, bei wem sie ihr Ticket gekauft haben –, sowohl mit der Westbahn als auch mit den ÖBB sollen fahren können, will sich die Bundesbahn nicht äußern. „Das ist kompliziert, wir lassen das gerade prüfen“, heißt es aus dem Unternehmen. Tatsächlich ist unklar, wie Entschädigungen zwischen den beiden Anbietern für den Fahrkartenverkauf beziehungsweise den Transport geregelt werden könnten. „Wir haben kein fertiges Konzept dazu, sind aber gesprächsbereit“, sagt Wehinger.
„Eine katastrophale Optik“
Bei der Schlichtung der Streitigkeiten helfen soll die neue Chefin der Regulierungsbehörde Schienen-Control. Maria-Theresia Röhsler ist seit dieser Woche im Amt, sie kommt direkt aus dem Kabinett von Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ). „Wir wollen keine Vorbehalte gegen die Dame haben“, sagt Wehinger. „Aber das ist doch unglaublich. Die Optik ist schlicht und einfach katastrophal.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2011)