Bauernbund-Chef Grillitsch tritt zurück

VORTRAG VON THILO SARRAZIN IN GRAZ: GRILLITSCH / SARRAZIN
VORTRAG VON THILO SARRAZIN IN GRAZ: GRILLITSCH / SARRAZIN(c) APA/MARKUS LEODOLTER (Markus Leodolter)
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Grillitsch gibt auch sein Amt als ÖVP-Vizeklubchef auf. Zuletzt hatte der 52-Jährige mit der Einladung von Thilo Sarrazin für Schlagzeilen gesorgt.

Die ÖVP muss sich im Jahr der schwarzen Rücktritte nun auch einen neuen Bauernbund-Präsidenten suchen: Fritz Grillitsch hat am Donnerstag überraschend seinen Rücktritt als Chef der ÖVP-Teilorganisation erklärt. Der 52-Jährige gibt auch seine Funktion als Vizeklubchef der ÖVP-Fraktion im Parlament auf.

Die Übergabe der Ämter werde am Freitag zügig und geordnet erfolgen, so Grillitsch. Sein Nationalratsmandat wird der Steirer bis zum Auslaufen der Legislaturperiode 2013 behalten.

--> Reaktionen: "Bürgerliches Trauerspiel"

Ganz freiwillig dürfte der Rücktritt nicht erfolgen: Grillitschs Bauernbund galt als der große Verlierer nach der Regierungsumbildung wegen des Rücktritts von Josef Pröll.  Danach brachte er den Bauernbund mit der Einladung des umstrittenen deutschen Autors Thilo Sarrazin ("Deutschland schafft sich ab") zu einem Vortrag nach Graz in die Schlagzeilen. Grillitsch sorgte noch ein weiteres Mal für parteiinterne Irritationen, als er die schrittweise Streichung von Sozialleistungen für nicht integrierte Zuwanderer forderte.

Grillitsch selbst begründet seinen Rücktritt so: "Nach über zehn Jahren in der Spitzenpolitik ist auch für mich die Zeit gekommen, in ein normales Leben zurückzukehren und mich neuen Aufgaben zu stellen." Der Beschluss sei über den Sommer gereift. Beim Bundesbauernrat im Oktober habe er die programmatische Neuausrichtung des Bauernbundes erreicht. "Nachdem dieses Projekt nun abgeschlossen ist, erscheint mir jetzt als der richtige Zeitpunkt, mich aus der Spitzenpolitik zurückzuziehen", so Grillitsch. Er übergebe den Hof jedenfalls "rechtzeitig".

Zur Causa Sarrazin äußerte sich Grillitsch nur indirekt. Der Rücktritt sei für ihn jedenfalls Anlass zu kritischer Selbstreflexion: "Gerade in den letzten Monaten ist mir bewusst geworden, dass es für mich immer schwieriger wurde, zum notwendigen Konsens und Ausgleich der unterschiedlichen Interessensgruppen sowohl innerhalb des Bauernbundes, wie auch im Gefüge der Partei beizutragen."  Er nehme seine "Verantwortung für Bauernbund und Partei wahr und übergebe den Hof rechtzeitig.

Der Grüne Peter Pilz ortet hinter Grillitschs Rücktritt mögliche Verbindungen zwischen Bauernbund und Telekom. Er will wissen, ob es richtig ist, dass der Bauernbund unter dem Deckmantel Sponsoring von der Telekom über mehrere Jahre hohe Beträge an Parteienfinanzierung erhalten habe. Die ÖVP wies die "Anschüttungsversuche" zurück. "Es gab und gibt keine zwielichtigen Zahlungen von der Telekom in die ÖVP-Kasse", so Generalsekretär Hannes Rauch.

Wer folgt auf Grillitsch?

Als aussichtsreichster Kandidat auf die Nachfolge Grillitschs wird jetzt der einflussreiche Raiffeisen-Funktionär und Nationalratsabgeordnete Jakob Auer (63) gehandelt. Der Oberösterreicher soll angeblich als "Interimslösung" eingesetzt werden.

Auer stoße aber "nicht nur auf Gegenliebe der übrigen Bauernbund-Spitzenfunktionäre", schreibt das Fachmagazin "Blick ins Land" in seiner Online-Ausgabe. "Als mögliche Kandidaten gelten auch der Obmann des niederösterreichischen Bauernbundes Hermann Schultes sowie der Obmann des Wiener Bauernbundes, Franz Windisch."

(APA/Red.)

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