Lokalwährung: Hoffen auf Impulse für die Region

(c) Jochum Müller
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In Österreich gibt es in fast jedem Bundesland regionales Geld, mit dem statt des Euro bezahlt werden kann. Nur wenige Betriebe profitieren davon. Seit der Wirtschaftskrise sind die Anfragen enorm gestiegen.

Wien. Volker Mastalier ist frustriert. Sechs Jahre lang hat er um seine Idee gekämpft. Hat Reden gehalten, versucht, Betriebe zu überzeugen und hat demonstrativ Scheine auf den Tisch gelegt. Aber jetzt, sagt Mastalier, jetzt gehe ihm schön langsam die Kraft aus.

Volker Mastalier spricht vom „Styrrion“, einer regionalen Währung, die er in Graz und Umgebung etabliert hat. Seither können die Menschen dort in rund 82 Betrieben mit bunten 1er-, 2er-, 5er-, 10er-, 20er- und 30er-Scheinen bezahlen. Das Prinzip dahinter ist einfach: Wer will, trägt seine Euro zu einer Umtauschstelle und bekommt genauso viele Scheine in „Styrrion“ zurück. So wird sichergestellt, dass das Geld in der Region bleibt. Doch ausgerechnet in Graz scheint die Idee nicht zu funktionieren. Zwei Expansionen in die Gebiete Pischelsdorf und St. Ruprecht hat Mastalier für gescheitert erklärt. Und das, obwohl die Nachfrage nach Regiogeld im Moment besonders groß ist.

„Seit der Wirtschaftskrise sind die Anfragen enorm gestiegen. Früher hatten wir nur einen Anruf pro Monat, mittlerweile sind es ein bis zwei Anfragen pro Woche“, sagt Frank Jansky von Regiogeld in Deutschland, einem Verein, der hilft, solche Währungen zu implementieren.

Geld, das in der Region bleibt

Kein Wunder: Das Prinzip der regionalen Währung ist auf den ersten Blick verlockend. Damit das Geld in der Region bleibt, können Gemeinden ihr eigenes Geld in Umlauf bringen. Dabei können die Leute auf zwei Systeme zurückgreifen. Entweder sie tauschen ihre Euro eins zu eins in eine eigens erfundene Währung oder sie verwenden ein leistungsgedeckeltes Prinzip, wonach die Arbeit eines Menschen nicht in Euro, sondern in einer lokalen Währung bezahlt wird. „Das ist besonders in Regionen, in denen die Kaufkraft gering ist, sinnvoll“, sagt Jansky von Regiogeld.

Auch in Österreich gibt es unter anderem mit dem „Waldviertler“ in Niederösterreich, dem „Bad Ischler Gulden“ in Oberösterreich oder eben dem „Styrrion“ in der Steiermark mehrere lokale Währungen, die alle nach dem Euro-Umtauschprinzip funktionieren. Zu den erfolgreichsten zählen aber die Vorarlberger Regiogelder, die aus den „Langenegger Talenten“, dem „Walser Thaler“, dem „KlosterTaler“ und einem bundeslandübergreifenden Gutscheinsystem rund 350.000 Euro Umsatz im Jahr erwirtschaften. „Die regionalen Währungen funktionieren bei uns sehr gut, aber es ist noch viel Potenzial darin“, sagt Gernot Jochum-Müller, der die Währungen mitbegründet hat.

Potenzial vor allem deswegen, weil die Währungen ganz unterschiedlich angenommen werden. Während mit dem „KlosterTaler“ im Jahr rund 40.000 Euro Umsatz gemacht wird und den „Langenegger Talenten“ rund 140.000 Euro, erwirtschaftet der „Walser Thaler“ gerade einmal zwei Prozent des Jahresumsatzes aller Regiogelder.

Den Unterschied erklärt sich Jochum-Müller mit der Unterstützung in den Gemeinden. „Solche Projekte funktionieren nur, wenn auch vor Ort jemand hinter dem Projekt steht.“ Im Klostertal sei der Rückhalt der Lokalpolitiker besonders groß. So sehr, dass die ortsansässigen Betriebe sogar 75 Prozent ihrer Kommunalsteuer mit dem „KlosterTaler“ zahlen können.

Der Euro soll nicht ersetzt werden

Den „Walser Thaler“ möchte er deswegen aber nicht als gescheitert bezeichnen. Als Beispiel nennt er einen Sennerladen, der seit der Einführung des Thalers viel mehr Umsatz machen würde. Und tatsächlich würde sich auch der Erfolg von gut eingeführtem Regiogeld immer nur auf einige Betriebe konzentrieren. Das Projekt macht in jedem Fall Schule, derzeit bereitet die Region Walgau ihren „Walgauer“ vor, der „VTaler“ soll bald in ganz Vorarlberg erhältlich sein.

Bei so viel alternativer Währung könnte man meinen, das Ziel der Regionalwährung sei, den Euro zu ersetzen. Aber nein: „Es geht darum, die lokale Zusammenarbeit zu verbessern“, sagt etwa Jansky von Regiogeld. Was mitunter ein Grund sei, warum Regiowährungen in großen Städten nicht funktionieren würden: Das Versorgungsgebiet sei zu groß.

Das Stärken der lokalen Geschäftsbeziehungen war auch Volker Mastaliers Motiv, als er den „Styrrion“ ins Leben rief. Heute ist er ernüchtert. Der Umsatz sei in diesem Jahr von 60.000 auf 52.000 Euro gesunken und die Expansion in weitere Gemeinden hätte nicht funktioniert. Die Leute würden das Geld nicht verwenden. „Das Projekt ist kein Selbstläufer“, sagt er. Es würde ihm an Leuten fehlen, die das Projekt unterstützen. An die Abschaffung der Währung denkt er trotzdem nicht. Er setzt auf zusätzliche Kooperationen und hofft auf die Zukunft. Mit der Eurokrise könnte das Interesse für solche Themen jedenfalls noch länger aktuell bleiben.

Auf einen Blick

Geld. Mit der Eurokrise ist das Interesse an Regiowährungen stark gestiegen. Auch in Österreich gibt es mehrere solcher Währungen. Zu den erfolgreichsten zählen die Vorarlberger Regiowährungen, mit denen jährlich ein Umsatz von 350.000 Euro erwirtschaftet wird. Doch nicht überall funktionieren die Währungen gleich gut. Der „Styrrion“ in der Steiermark kämpft mit der Akzeptanz vor Ort. Das Problem: zu wenige Leute, die das Projekt unterstützen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.11.2011)

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