Anleger flüchten aus Euroanleihen

(c) Dapd (Torsten Silz)
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Zinsen für Staatsanleihen steigen überall in Europa stark an - außer in Deutschland. Österreich und Frankreich haben ihren "Triple A"-Status auf den Anleihemärkten in den vergangenen Tagen praktisch verloren.

Wien/Ju. Bei den Ratingagenturen wird Österreich seine Bonitätsnote „AAA“ – die höchstmögliche – nach der laufenden Überprüfung durch die Ratingagenturen Moody's und Standard & Poor's wohl behalten. Auf den internationalen Anleihemärkten hat die Republik gemeinsam mit dem ebenso noch mit „AAA“ ausgezeichneten Frankreich ihr „Triple A“ aber de facto verloren: Die Zinsen für österreichische und französische Anleihen, die am Dienstag auf über drei Prozent hochgeschossen waren, verharrten am Mittwoch bei hohen 3,7 Prozent.

Für neu emittierte Schulden verlangen risikoaverse Investoren von Österreich damit schon mehr als doppelt so hohe Zinsen wie von Deutschland. Und das ist kein Einzelfall: In dieser Woche hat eine massive Flucht der Großgläubiger aus Anleihen von Eurostaaten eingesetzt. Und zwar nicht nur aus solchen von Problemstaaten wie Griechenland, Italien (sieben Prozent Zinsen) und Spanien (6,4 Prozent), sondern auch aus Ländern, die bisher als sicher galten: Neben Österreich und Frankreich müssen nun auch Länder wie die Niederlande oder Finnland deutlich höhere Zinsen für ihre Staatsschulden bezahlen. Nur Deutschland gilt noch als sicher: Dort geben sich Anleihekäufer mit historisch niedrigen 1,77 Prozent zufrieden.

Der Grund: Außerhalb der Eurozone werden zunehmend Zweifel an ihrer Fähigkeit laut, die Krise in den Griff zu bekommen. Zu Panikverkäufen europäischer Staatsanleihen sei es unter anderem wegen der „quälend langsamen Regierungsbildung in Griechenland und Italien“ gekommen. Dass die EU ein schärferes Vorgehen gegen Ratingagenturen angekündigt, sich dann aber nicht auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt habe, habe den Eindruck der politischen Handlungsunfähigkeit noch verstärkt.

„Internationale Investoren bauen ihr Europa-Risiko massiv ab, weil sie einfach nicht verstehen, dass es zu jedem Beschluss Wochen oder Monate dauert“, sagte ein Anleihenhändler der Nachrichtenagentur Reuters.

Problematisch: EZB springt in die Bresche

In die Bresche springen muss wieder einmal die Europäische Zentralbank. Sie hat am Mittwoch massiv Staatsanleihen von Italien und Spanien aufgekauft, um die mörderisch hohen Zinsen zu drücken. Mehr als eine Stabilisierung auf hohem Niveau wurde freilich nicht erreicht. Die EZB sitzt bereits auf Euroanleihen von 185 Milliarden Euro und gehört damit zu den größten Anleihegläubigern der Euro-Problemstaaten.

Der Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB gilt als problematisch, weil er einer Staatsfinanzierung durch die Notenbank gleichkommt. Das birgt Inflationsgefahren. Abgemildert wird das nur dadurch, dass sich die EZB auf dem Markt eindeckt und nicht direkt kauft. Der konzentrierte „Angriff“ auf die Anleihemärkte gilt auf den Märkten auch als „Test“ dafür, wie weit die Zentralbank zu gehen bereit ist. Die Anleiheaufkaufprogramme der amerikanischen Notenbank Fed sind deutlich größer als jene der EZB. Die USA haben die Euroländer schon mehrfach aufgefordert, die „Notenpresse“ in Form von Staatsanleihekäufen vermehrt anzuwerfen.

Der Vorsitzende der deutschen Wirtschaftsweisen, Wolfgang Franz, hat vor einer Ausweitung der  Anleihekäufe durch EZB eindringlich gewarnt. Die Monetarisierung von Staatsschulden gehöre zu den "Todsünden einer Zentralbank", sagte Franz der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Die EZB könne ihre Unabhängigkeit verlieren, wenn sie als Geldgeber der letzten Instanz für überschuldete Staaten einspringe.

Ratingagenturen optimistischer

Bei den "AAA"-gerateten Ländern scheinen die Märkte derzeit aber ein wenig zu übertreiben: Michel Madelain, der Präsident der Ratingagentur Moody's (die gerade Österreich prüft), sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", die Marktteilnehmer würden die Lage derzeit pessimistischer beurteilen als die Ratingagenturen selbst.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2011)

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