Der Puszta geht die Puste aus

Ungarns Premier Orbán verwechselt den Abbau der Schulden mit dem Abbau des Rechtsstaats. Das rächt sich.

Welch schöne Worte wählen doch Finanzexperten: Auf einen „positiven Vertrauensschock“ hofft da ein Analyst, wenn sich Ungarn wieder unter die Fittiche des Internationalen Währungsfonds begibt. Erst vor 16 Monaten jagte Victor Orbán den IWF aus dem Land – angeblich, weil Ungarn seine Probleme selbst lösen könne, tatsächlich aber, weil sich der Premier an keine Sparauflagen halten will. Seitdem verstört der Rechtspopulist die Investoren mit immer neuen, ausnahmslos negativen Vertrauensschocks. Private Pensionskassen werden verstaatlicht, mit dem Verkauf ihrer Wertpapiere Budgetlöcher gestopft. Klamme Bürger können ihre Devisenkredite zu dekretierten Kursen in Forint umwandeln – eine glatte Enteignung der (meist österreichischen) Banken, die sie hunderte Millionen kostet. Weil die Aktion nicht so greift wie erhofft, zittern manche Banker schon vor dem ultimativen Schlag: der totalen Zwangskonvertierung.

Orbáns Gegnern in Politik und Zivilgesellschaft drohen Zensur und Verfolgung. Sie können nur die Fäuste in der Hosentasche ballen und auf die nächste Wahl warten. Im Wirtschaftsleben aber werden unberechenbare Autokraten-Allüren sofort bestraft: Der Forint fällt, die Schulden steigen, die Bonität liegt nahe bei Ramsch, Investoren ergreifen die Flucht. Die Finanzmärkte haben bereits Berlusconi in Italien vom Thron gefegt. Auch in Ungarn wäre ein Regimewechsel der positivste denkbare Schock.

E-Mails an: karl.gaulhofer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.11.2011)

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