Kafka mit Fehlern: Bücher werden in Schulen verwendet

(c) Andreas Gustafsson/The BirdBase
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Auf den von der „Presse“ aufgedeckten Scherz der Aktionsgruppe „The BirdBase“ fielen auch Bildungsinstitutionen herein. Die Adressaten der Kritik halten sich unterdessen bedeckt.

Auf das schlechte Bildungssystem wollte „The BirdBase“ aufmerksam machen, das ist gelungen: Die vor Fehlern strotzenden Ausgaben von Kafkas „Das Schloss“, die an neun Schulen in Österreich und Deutschland verschickt wurden, sind großteils in Verwendung. „Die Bücher sind bei uns in der Bibliothek gelandet“, heißt es etwa im Schulzentrum Ungargasse in Wien 3. Drei Bücher wurden katalogisiert, der Rest liegt zur Entnahme für die Schüler bereit.

Auch im BRG Linz in der Fadingerstraße haben die fehlerhaften Kafka-Bücher in die hausinterne Bücherlade gefunden. Das BG Zaunergasse in Salzburg hat die Bücher gar an die Maturaklassen ausgeteilt: „Das hat gut gepasst, weil ,Das Schloss‘ gerade im Unterricht durchgenommen wird“, heißt es im Sekretariat. Nur im Gymnasium Wien 9 in der Wasagasse wusste Direktor Johannes Bauer vor der „Presse“-Anfrage schon Bescheid: Eine Elternvertreterin hat ihn informiert. „Wir werden die Bücher sofort in den Papierkorb werfen“, sagt Bauer. Dass schon der Titel fehlerhaft ist – auf dem Cover steht: „Das SCHLOß“ – ist aber auch hier niemandem aufgefallen. „Ohne Hinweis wäre das Buch wohl auch bei uns ein paar Wochen gelegen“, sagt Bauer.

Ministerium: Kein Kommentar

Die Adressaten der Kritik halten sich unterdessen bedeckt. „Wir kommentieren solche Kunstaktionen nicht“, sagt Josef Galley, Sprecher des Unterrichtsministeriums, das zugleich Kulturministerium ist. Und: „Das Bildungssystem kann ja doch nicht so schlecht sein, wenn der Scherz aufgeflogen ist.“ Als Aufforderung zu schnelleren Reformen will er die Geschichte nicht verstehen: „Uns wird ja eher vorgeworfen, dass wir zu viele Reformen durchführen wollen.“

Der deutsche Hanser-Verlag, dessen ISBN-Nummer die Aktivisten geklaut haben, plant indessen keine rechtlichen Schritte: „Für uns hat sich die Sache erledigt.“ Dafür hat das BG Linz in der Fadingerstraße einen Wunsch an Verteiler von Gratisbüchern: „Ganz ideal wäre es, wenn wir uns die Bücher aussuchen könnten. Kafkas ,Schloss‘ ist doch eher schwieriger zu lesen.“ win

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.11.2011)

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