1998 soll es einen konkreten Einsatzplan gegen die Zwickauer Terror-Zelle gegeben haben. Die Festnahme wurde offenbar in letzter Minute abgeblasen.
Die deutschen Behörden sind im Zusammenhang mit der Zwickauer Nazi-Terrorzelle mit immer schwereren Vorwürfen konfrontiert. Am Freitag berichtet der MDR Thüringen, dass das Trio, dem mittlerweile zehn Morde und mehrere Anschläge zur Last gelegt werden, schon im Jahr 1998 kurz vor der Verhaftung stand. Das Thüringer Spezialeinsatzkommando soll bereits einen konkreten Einsatzplan gehabt haben, jedoch in letzter Minute zurückgepfiffen worden sein.
Wie der MDR weiter berichtet, habe es massive Beschwerden der beteiligten Beamten gegeben, worauf es ein Gespräch zwischen hohen Vertretern des Thüringer Innenministeriums und den betroffenen Polizisten gegeben haben soll.
Bei den drei mutmaßlichen Terroristen handelt es sich um zwei Männer und eine Frau aus der rechtsextremen Szene in Ostdeutschland. Sie werden verdächtigt, zwischen 2000 und 2007 neun Kleinunternehmer türkischer und griechischer Herkunft sowie eine deutsche Polizistin ermordet zu haben. Außerdem sollen sie 14 Banken überfallen haben.
Die beiden Männer waren am 4. November dieses Jahres nach einem Bankraub tot in ihrem Wohnmobil gefunden worden. Laut Ermittlern begingen sie Selbstmord. Ihre Gefährtin stellte sich einige Tage später der Polizei. Sie ist wie auch ein mittlerweile festgenommener angeblicher Helfer des Trios in U-Haft.
Weitere Verdächtige
Die Ermittler haben unterdessen vier weitere Verdächtige im Visier. Dies habe der neue Generalbundesanwalt Harald Range beim Krisengipfel zu der Affäre am Freitag in Berlin berichtet, sagte ein Teilnehmer der Nachrichtenagentur Reuters. Gegen zwei der vier Verdächtigen liege mehr vor, sie würden bereits als Beschuldigte geführt. Das heißt, gegen sie wird ermittelt. Überwachungsmaßnahmen liefen, hieß es. Weitere Details habe Range aus ermittlungstaktischen Gründen nicht genannt.
Außerdem ist bei den Ermittlungen gegen das deutsche Noenazi-Trio ein neuer Datenträger aufgetaucht. Auf ihm sind etwa 10.000 Namen aufgelistet. Darunter sind auch Politikernamen. Berliner Sicherheitskreise bestätigten der Nachrichtenagentur dpa am Freitag die Existenz des Datenträgers. Auf der Liste sollen unter anderem Politiker, Kirchen, Ortsvereine von Parteien und Vereine gegen Rechts stehen. Das deutsche Bundeskriminalamt (BKA) schätzt die Auflistung, die mehrere Jahre alt sein soll, laut den Kreisen bisher aber zurückhaltend ein.
Mehr Zusammenarbeit gegen Rechtsextreme
Als Konsequenz aus der Neonazi-Terrorserie soll die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden im Bereich des Rechtsextremismus ausgebaut werden. Deutschland plant eine Datei über Rechtsextremisten und strebt ein "Abwehrzentrum Rechts" an. Das kündigte der deutsche Innenminister Hans-Peter Friedrich am Freitag nach einem Krisentreffen in Berlin an. Friedrich sagte mit Blick auf die Mordserie, noch lägen "nicht alle Fakten auf dem Tisch".
Nach den Worten Friedrichs waren sich die Innen- und Justizminister des Bundes und der Länder einig, dass man "mit aller Kraft" extremistischen Gewalttaten entgegentreten müsse. Auch die deutsche Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger betonte nach dem Krisentreffen, dass "mit aller Konsequenz" rechtsextreme Gewalt bekämpft werden solle.
Die Frage eines Verbots der rechtsextremen NPD solle weiter geprüft werden, kündigten Friedrich und Leutheussner-Schnarrenberger an. Die Justizministerin unterstrich, es dürfe nicht passieren, dass ein neues Verbotsverfahren wie 2003 vor dem Bundesverfassungsgericht scheitert. Ein Verbot dürfe nur beantragt werden, "wenn wir uns alle gewiss sind".
Der Innen- wie die Justizministerin erläuterten, dazu sei ein Verzicht auf Informanten der Geheimdienste in der NPD Voraussetzung. Generell könne jedoch auf V-Leute in der rechtsextremen Szene nicht verzichten werden, fügte Friedrich hinzu.
(Ag.)