Experten: „Die Pension ist nicht der Himmel“

(c) Erwin Wodicka
  • Drucken

Experten warnen vor dem Bild von der Frühpension als Paradies und fordern viel mehr Augenmerk auf Betriebsaltersvorsorge. Österreichs Regierung ist dabei, neue Möglichkeiten für längeres Arbeiten festzulegen.

Wien/Ett. Der frühere Generaldirektor der Pensionsversicherungsanstalt, Ewald Wetscherek, nimmt es zufrieden zur Kenntnis: In Österreich wird nun sogar offen die Anhebung des niedrigeren Frauenpensionsalters angesprochen. Er habe sich immer über das „neurotische Festhalten“ und das Bild „Frau ist gleich 55 ist gleich alt“ gewundert. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) hat wie berichtet im Nationalrat Schwung in die Debatte um das Frauenpensionsalter gebracht– er will darüber offen diskutieren.

Für Leopold Stieger, der mit seiner Plattform „Seniors4success“ für eine längere berufliche Tätigkeit die Werbetrommel rührt, kommt die Liebe der Österreicher zum vorzeitigen Ruhestand nicht überraschend: Jedenfalls beklagte er bei einer Diskussion der Gesellschaft für Zukunftssicherung und Altersvorsorge und des Wirtschaftsforums der Führungskräfte in Wien: „Unser aller Bild vom Alter ist falsch.“ Es sei noch immer das Bild vom „wohlverdienten Ruhestand“ in den Köpfen. Aber: „Die Pension ist nicht der Himmel.“ Viele würden sogar beklagen, sie wüssten nicht, wer sie in der Pension eigentlich noch brauche.

Österreichs Regierung ist derzeit gemeinsam mit den Sozialpartnern dabei, neue Möglichkeiten auch in Form zusätzlicher Anreize für längeres Arbeiten festzulegen, um den Ansturm auf die Frühpension einzudämmen. Stieger formulierte es drastisch: „Frühpensionierung ist Anleitung zum Selbstmord.“ Und: „Ich glaube, dass der Staat, der das noch fördert, grob fahrlässig handelt.“ In der Regierung kämpft freilich Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) mit Widerstand, um steuerliche Begünstigungen bei sogenannten Golden Handshakes zu beseitigen.

„Auch Verantwortung der Unternehmen“

Adam Lessing, Österreich-Chef des Vermögensverwalters Fidelity Worldwide Investment, sieht auch abseits der Frühpensionen Versäumnisse der Regierung. Mit Blick auf die Schuldenkrise und steigende Zinszahlungen des Staates werde die Ersatzquote, also die Pension in Relation zum Aktiveinkommen, aus der staatlichen Pensionsversicherung schrumpfen. Als Ausgleich müssten auch in Österreich Betriebspensionen gestärkt werden. Derzeit würden nur rund 20 Prozent der Firmen den Mitarbeitern Betriebspensionen zur Verfügung stellen. Auch Unternehmen würden sich bei den Betriebspensionen „aus der Verantwortung stehlen“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.11.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Innenpolitik

Mitterlehner: „Wir sollten das Frauenpensionsalter anheben“

Eine Solidarabgabe für Spitzenverdiener schließt Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) nicht aus. Das Pensionsalter der Frauen sollte schon ab 2017 an jenes der Männer angeglichen werden.
FEATURE - PENSIONISTEN
Politik

ÖVP: Frauen sollen ab 2016/17 später in Pension

Frauenpensionsalter: Die ÖVP präzisiert Plan für frühere Anhebung. Im Gegenzug soll Anrechnung der Kindererziehung besser werden.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.