Steirische Stolpersteine bei Reformen

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Gemeinden wehren sich mit Volksbefragungen gegen Fusionspläne des Landes. Doch dort hat man die Schotten dichtgemacht. SP/VP-Koalition kontert mit Kritik und schwört sich auf "Kurshalten" ein. Opposition höhnt.

Graz. „Der Zug Richtung Reform fährt weiter“, ist Christopher Drexler überzeugt. Der steirische VP-Klubobmann zeigt sich vom Ergebnis der Volksbefragungen am vergangenen Sonntag in sieben oststeirischen Gemeinden wenig beeindruckt – und „aufgrund der suggestiven Fragestellungen“ (Drexler) auch nicht überrascht. 87 Prozent der Bewohner hatten sich in der Kleinregion südlich von Hartberg gegen die von der SPÖ/ÖVP-Regierungskoalition im Land angepeilten Zusammenlegungen von Gemeinden ausgesprochen.

„Man soll den Willen zur Eigenständigkeit akzeptieren“, kommentieren die Bürgermeister mit stolzem Unterton das klare Votum. Tatsächlich kann die deutliche Ablehnung als warnendes Signal Richtung Landespolitik verstanden werden. Zwar stehen am Beginn der vom Land bis Ende Jänner ausgerufenen „Verhandlungsphase“ noch keine inhaltlichen Eckpunkte fest, die Frontlinie der Bürgermeister wurde mit den Volksbefragungen aber klar abgesteckt. Taktisch nicht unklug, haben sie sich vorzeitig Rückendeckung von der Bevölkerung für ihre Verhandlungsposition mit dem Land geholt.

Dort hat man die Schotten vorerst dichtgemacht. Von Landeshauptmann Franz Voves (SP) und seinem Stellvertreter Hermann Schützenhöfer (VP) gibt es „keinen Kommentar“. Aus der zweiten Ebene kommt aber ein deutlicher Rüffel Richtung Bürgermeister: „Man erweist der direkten Demokratie keinen guten Dienst, wenn man aus taktischen Gründen eine Volksbefragung zu einer Unzeit einsetzt“, schimpft VP-Klubchef Drexler gegenüber der „Presse“. Auch den Stellenwert des Plebiszits relativiert er: „Wie viele Volksbefragungen gegen die (mittlerweile gebaute, Anm.) 380-kV-Leitung hat es nicht schon gegeben?“ Pikant: Ex-VP-Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka hat als Bezirksparteiobmann von Hartberg die Volksbefragungen verteidigt.

„Kein Zack-bumm-Drüberfahren“

Die Verwerfungen gehen damit quer durch die Partei. Direkt an der Bruchkante sitzt Erwin Dirnberger. Als VP-Landtagsabgeordneter trägt er den Reformkurs mit, als Bürgermeister einer weststeirischen Kleingemeinde und Präsident des steirischen Gemeindebunds gehört er aber zu den lauteren Mahnern. „Ein Zack-bumm-Drüberfahren wird nicht funktionieren“, unterstreicht er die anhaltenden Vorbehalte „seiner“ Ortschefs. Man dürfe das „Stimmungsbarometer nicht bagatellisieren und nicht noch emotionaler werden lassen“, warnt er. Direkte Kritik an der Landesregierung gibt es zwar nicht, aber einen geschickt formulierten Umkehrschluss: Das Ergebnis sei ein „Zeichen der besonderen Wertschätzung der Bürgermeister“.

Mit heftigeren Angriffen reagiert dagegen die Opposition. Die FPÖ ortet eine „Ohrfeige für SPÖ und ÖVP“ und verhöhnt das gesamten Reformpaket (Proporzabschaffung, Verkleinerung von Landtag und Regierung) als „Nebelgranate und Symbolpolitik“. Zustimmen wird man den Vorhaben heute, Dienstag, im Landtag aber dennoch. Allerdings garniert mit Zusatzforderungen nach einer Abschaffung der proporzmäßigen Ämterbesetzungen auch in landeseigenen Bereichen wie dem Landesschulrat, der Landesspitalsgesellschaft, dem Landesenergieversorger und bei Spitzenpositionen in der Landesverwaltung selbst. Zumindest einen Teilerfolg können die Freiheitlichen verbuchen. Einen zweiten Landeshauptmannstellvertreter wird es nur mehr „fakultativ“ und nicht wie ursprünglich geplant „obligatorisch“ geben. Keine Mehrheit findet dagegen die Forderung nach einer Abschaffung des Dritten Landtagspräsidenten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.11.2011)

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