Die Grünen: Resümee nach 25 Jahren

(c) APA/ Herbert Pfarrhofer
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Vor 25 Jahren schafften die Grünen erstmals den Einzug ins Parlament.Trotz Feierstimmung gibt es auch Kritik. Denn nach einem Vierteljahrhundert sind die Erfolge überschaubar geblieben.

Stu/J.n./Ala. Die grüne Politprominenz gibt sich heute, Mittwoch, ein Stelldichein im Parlament. Alle acht bisherigen Klubobleute werden erwartet, um das 25-jährige Bestehen der Partei zu feiern. Trotz der Feierlaune gibt es aber auch kritische Töne bei den Grünen. Denn nach einem Vierteljahrhundert sind die Erfolge überschaubar geblieben. Nur in Oberösterreich und Wien dürfen Grüne in einer Landesregierung mitbestimmen. Von einer Beteiligung an einer Bundesregierung sind die Grünen weit entfernt.

Und dennoch: Die Entscheidung, aus der damaligen außerparlamentarischen Bürger- und Protestbewegung eine Partei zu machen, sei rückblickend auf „jeden Fall“ richtig gewesen, sagt die ehemalige Bundessprecherin der Grünen, Madeleine Petrovic im Gespräch mit der „Presse“. Doch: Der Lebensnerv der Partei seien immer noch die außerparlamentarischen Bewegungen – wie die Friedens-, Frauen- und die Naturschutzbewegung. Dass dieses „Springen zwischen den Fronten“ nicht immer einfach sei, gesteht Petrovic ein. Die politische Arbeit im Parlament erfordere es, pragmatisch zu sein: „Man muss die Spielregeln und die Sprache des Establishments beherrschen.“ Dass das vielen „Wutbürgern“ ein zu mühsamer Weg sei, verstehe sie aber sehr wohl.

Strobl: „Haben das Bewusstsein verändert“

Die derzeitigen Umfrageergebnisse von rund 15Prozent seien außerdem absolut keine Niederlage, so Christoph Chorherr, Ex-Bundessprecher der Grünen. Denn immerhin liege man damit „um 40Prozent höher“ als bei der vergangenen Nationalratswahl im Jahr 2008. Dass die Grünen die Proteststimmung nicht nutzen können, wie die FPÖ, kommentiert Chorherr so: „Wir können niemals auf vereinfachte Slogans wie ,Daham statt Islam' setzen.“

Seit der Gründung im Jahr 1986 haben die Grünen vor allem das Bewusstsein der Menschen verändert, so Pius Strobl, Gründungsmitglied der Partei. „Von der Atomenergie über gesunde Lebensmittel bis hin zum Feinstaub hat sich das Denken der Menschen verändert. Das ist der Verdienst der Grünen.“ Dass sie nach 25Jahren im Parlament kein entscheidender Machtfaktor in der Innenpolitik sind, erklärt Strobl so: „Avantgarde ist kein Massenphänomen. Wir haben es eben schwerer als Populisten.“

Derzeit gibt es weder für Rot-Grün noch für Schwarz-Grün auf Bundesebene eine Mehrheit. Die Ursache sieht Strobl nicht in einem Schwächeln der Grünen. Sein ungewöhnlicher Ansatz: Der Verfall der ehemaligen Großparteien verhindere eine neue Koalition: „Die Grünen brauchen nicht mehr als 15Prozent.“ Der Rest hänge von SPÖ und ÖVP ab. Eine kleine Schwäche der Grünen sieht Strobl dennoch: Die Kommunikation. Man würde oft zu abgehoben, akademisch und kompliziert argumentieren.

Und dennoch habe sich die „Marke Grün“ bewehrt und werde sogar immer öfter kopiert, sagt Bildungssprecher Harald Walser. Immerhin seien die Grünen jene Partei, die die Themen vorgibt. In der Wählergunst steige man eben langsam, aber kontinuierlich. Ein großes Umdenken in der Partei brauche es also nicht.

Anders sehen das viele junge Parteifunktionäre: „Einige aus der Gründergeneration halten sich für unverzichtbar. Für die grüne Zukunft müssten sie aber weichen“, kritisiert Martina Wurzer (31), die für die Grünen im Wiener Gemeinderat ist. Die Grünen seien heute für Junge nicht mehr neu oder provokant. An den überschaubaren Erfolgen seien laut Nachwuchs aber vor allem die „komplexen grünen Themen“ verantwortlich. „Unsere Positionen sind schwerer zu vermitteln als die der FPÖ“, sagt Raphael Lueger (22), der für die Grünen im Gemeinderat in Amstetten sitzt. Hikmet Aslarn (27), grüner Gemeinderat in Neunkirchen (NÖ), sieht das ähnlich: „Wir sind zukunftsorientiert, die Gesellschaft ist sehr auf die Gegenwart fokussiert.“

Dass die Partei für die Feierlichkeiten den gediegenen Rahmen des Parlaments gewählt hat, verärgert Wurzer: „Unser Auftreten ist fad geworden. Wir gehören auf die Straße.“

Auf einen Blick

1986 – also vor genau 25 Jahren – schaffen die Grünen mit 4,8 Prozent unter Freda Meissner-Blau erstmals den Einzug ins Parlament.

2002 bringt Alexander Van der Bellen die Partei auf 9,5Prozent. Mit 11,1Prozent erreichen die Grünen im Jahr 2006 ihren vorläufigen Zenit.

2008 fallen die Grünen bei den letzten Nationalratswahlen auf 10,4 Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2011)

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