Die deutsche Kanzlerin ruft zum vereinten Kampf gegen Rechtsextreme auf. Innenminister Friedrich lässt ein Verbot der NPD prüfen. Ein Stolperstein könnten einmal mehr die V-Leute in der Partei sein.
Nach dem Auffliegen einer neonazistischen Mordserie rückt ein neuer Anlauf zum Verbot der rechtsextremen NPD näher. Der deutsche Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) will prüfen, ob ein Verbotsverfahren möglich ist, ohne alle V-Leute aus der NPD abziehen zu müssen. An der Existenz der V-Leute des Verfassungsschutzes war 2003 der erste Versuch gescheitert, ein Verbot durchzusetzen. "Wir werden prüfen, ob es einen gangbaren Mittelweg gibt", sagte Friedrich. Auch der frühere Innenminister Otto Schily (SPD) sprach sich für ein neues Verbotsverfahren aus.
Am Mittwochabend hat Bundespräsident Christian Wulff als Geste der Anteilnahme Angehörige der Opfer der Neonazi-Mordserie zu einem vertraulichen Gespräch empfangen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wertete das Treffen als "Zeichen der Zuwendung und der Verbundenheit des ganzen deutschen Volkes". Eindringlich rief sie die demokratischen Parteien zum vereinten Kampf gegen den Rechtsextremismus auf.
An dem Treffen mit Wulff nahmen auch mehrere Spitzenpolitiker teil. Bei der Anfahrt zum Schloss Bellevue, dem Amtssitz des Bundespräsidenten, wurden unter anderen Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und mehrere Chefs der Bundestagsfraktionen gesehen. Beim Gespräch mit den Angehörigen der zehn Toten kam möglicherweise auch die Frage einer zentralen Trauerfeier zur Sprache. Über einen solchen Staatsakt ist noch nicht entschieden.
Opfer der Mordserie einer Neonazi-Bande zwischen den Jahren 2000 und 2007 waren acht türkischstämmige und ein griechischer Kleinunternehmer sowie eine Polizistin. "Diese Taten sind nicht mehr und nicht weniger als ein Angriff auf unser demokratisches Gemeinwesen", sagte Merkel im Bundestag. Die in Schwarz gekleidete Regierungschefin las die Namen aller zehn erschossenen Opfer vor.
Opposition bemängelt Kampf gegen Rechts
Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel warf der Bundesregierung vor, durch eine weitere Schwächung der Gemeindefinanzen den Rechtsextremismus zu begünstigen. Wenn Städte und Gemeinden sich wegen der Finanznot aus ihren Aufgaben zurückzögen, würden Rechtsradikale in diese sozial entleerte Räume eindringen, sagte Gabriel im Bundestag. Als Beispiel nannte er ostdeutsche Kommunen, in denen die NPD anbiete, Jugendzentren und Kindergärten fortzuführen, die ansonsten geschlossen würden.
Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir forderte mehr Geld für Initiativen gegen Rechtsextremismus und für Aussteigerprojekte. Mit Blick auf die Bundestagsdebatte über die Serienmorde der Zwickauer Neonazi-Zelle sagte Özdemir, er habe ein Wort des Dankes vermisst an diejenigen, die die "Drecksarbeit" übernommen hätten.
(Ag.)