Der 32-jährige Andre E. soll einen Propagandafilm für den "Nationalsozialistischen Untergrund" gemacht haben. Der Gruppe werden zehn Morde zur Last gelegt. Die Polizei durchsucht mehrere Wohnungen.
In Deutschland ist am Donnerstag ein weiterer mutmaßlicher Neonazi-Terrorist festgenommen worden. Polizisten der Elitetruppe GSG-9 haben den 32 Jahre alten Andre E. aufgegriffen. Er wird beschuldigt, in zwei Fällen die terroristische Vereinigung "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) unterstützt zu haben, teilte die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mit. Zurzeit durchsuchen etwa 90 Sicherheitskräfte seine Wohnung im ostdeutschen Zwickau sowie drei weitere Wohnungen in Dresden und Jena - darunter jene eines ehemaligen Thüringer NPD-Vorstandsmitglieds. Ein Sprecher der Partei sagte zu N-TV, dass die Polizisten Material beschlagnahmt hätten.
Nach Angaben der Ermittler soll Andre E. seit 2003 mit der Zwickauer Gruppe in engem Kontakt gestanden sein und im Jahr 2007 den "menschenverachtenden Propagandafilm" hergestellt haben, mit dem sich die terroristische Vereinigung zu ihren Mordtaten bekannte, heißt es in der Mitteilung des Generalbundesanwaltes. Auf dem Film finden sich zudem Ausschnitte aus der Berichterstattung über zwei Sprengstoffanschläge in Köln, die auf eine Urheberschaft des NSU schließen ließen. Der Hersteller des Films müsse "um die Verbrechen des NSU gewusst" und die Gesinnung der Zelle geteilt haben, sagte der Generalbundesanwalt Harald Range.
Darüber hinaus soll E. die Mitglieder der Zwickauer Neonazi-Gruppe mit Bahnkarten versorgt haben. Am Nachmittag wurde über ihn die U-Haft verhängt.
Mordserie durch Zufall entdeckt
Die Terrorzelle wird für den Mord an neun Kleinunternehmern mit türkischem und griechischem Migrationshintergrund und einer Polizistin in den Jahren 2000 bis 2007 verantwortlich gemacht. Der rechtsextremistische Hintergrund der Mordserie war den Ermittlern nicht aufgefallen und kam erst ans Licht, als Anfang November zwei Mitglieder der Zelle nach einem Banküberfall tot in einem Wohnmobil in Eisenach gefunden wurden. Später wurden in ihrer Zwickauer Wohnung die Tatwaffen entdeckt. Die Wohnungskollegen der beiden Bankräuber und ein mutmaßlicher Komplize sitzen bereits in Untersuchungshaft. Gegen weitere Verdächtige wird ermittelt.
Für Freitagabend hat ein breites Bündnis in Zwickau zu einer Kundgebung für Demokratie und Toleranz aufgerufen. Viele Zwickauer seien "sprachlos und betroffen", dass die rechte Terrorzelle "unbehelligt und scheinbar unbemerkt" inmitten der Stadt gelebt habe, heißt es in einem Appell der Stadt und des DGB. Der deutsche Bundespräsident Christian Wulff hat für Februar eine zentrale Gedenkfeier für die zehn Opfer der Mordserie angekündigt. Wulff hatte am Mittwochabend die Angehörigen der Opfer im Schloss Bellevue empfangen.
(Ag.)