Facebook: Jetzt postet Faymann lieber selbst

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Symbolbild(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Bundeskanzler Werner Faymann will trotz PR-Debakel nicht zurückrudern. Er geht mit selbst verfassten Postings in die Offensive. Die Affäre zeigt einmal mehr die Verflechtungen zwischen Politik und Medien auf.

Am Freitag durfte Michael Jeannée seine Post an den „Lieben Werner Faymann“ dann also doch abschicken. In seiner Kolumne in der „Kronen Zeitung“ warnt er den Bundeskanzler vor „gefährlichen Fake-Fallen, giftigen Twitter-Termiten und bösartigen YouTube-Taranteln“, die im „Internet-Dschungel“ lauern. Die haben sich in den vergangenen Tagen in geradezu beängstigender Gier ausgerechnet auf den roten Bundeskanzler gestürzt. Schuld daran sei SP-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas, vermutet Jeannée, weil sie Faymann ins digitale Dickicht schickte.

Sicher ist, dass Rudas auf den Kanzler großen Einfluss hat – und der wiederum auf jene Zeitungen am Boulevard, die zu einem nicht unbeträchtlichen Teil von dem Geld leben, das Ministerien und regierungsnahe Organisationen in Form von Inseraten als wohlwollende Unterstützung vergeben. Auch ein geplantes Gesetz, das Transparenz bei der Vergabe von Regierungsinseraten vorschreiben soll, wird an diesem System, das sich vom Goodwill beider Seiten nährt, nicht viel ändern. Es würde mit dem Gesetz, das am 1. Dezember im Verfassungsausschuss des Parlaments behandelt werden soll, nur transparenter.

Unerwünschte Faymann-Kritik

„Krone“-Chef Christoph Dichand dürfte also auch in Zukunft kein allzu großes Interesse daran haben, es sich mit dem Bundeskanzler zu verscherzen. Die „Krone“ erhält laut „Werbebarometer“ mehr als ein Viertel der Politikwerbung in Österreich. Mit der kanzlerkritischen Jeannée-Kolumne soll Dichand nicht glücklich gewesen sein. Jeannées Tipp an Faymann, er solle seinen Facebook-Auftritt „auf die Internet-Müllhalde“ werfen und Rudas zu seiner „persönlichen Beauftragten für den Feinstaub“ machen, wurde angeblich auf Dichands Wunsch zunächst aus dem Blatt gekippt (und durch eine Anzeige des Bundeskanzleramts ersetzt). Letztlich ist er am Freitag doch erschienen. Warum, darüber schweigt der Filius von „Krone“-Gründer Hans Dichand.

Ebenfalls diese Woche kam seiner Frau Eva Dichand, Herausgeberin der U-Bahn-Zeitung „Heute“, der Chefredakteur abhanden – was auch mit der Social-Media-Blamage der SPÖ zu tun haben dürfte: Wolfgang Ainetter hatte über den PR-Lapsus des Kanzlers berichtet und auch aufgedeckt, dass aus der SPÖ-Parteizentrale bestellte Jubelpost an Leserbriefseiten verschickt worden war. Allein der „Kurier“ will nach eigenen Angaben knapp 400 solcher Mails erhalten haben. Seit vier Jahren sollen gefälschte Leserbriefe vom Server der SPÖ-Zentrale an mehrere österreichische Tageszeitungen verschickt worden sein, berichtete das „Profil“ am Freitag auf seiner Homepage – neben „Kurier“, „Krone“, „Heute“ und „Österreich“ sollen auch „Standard“, „News“, „SN“ und „TT“ betroffen sein. Unter anderem soll eine „Christine Steinkellner“ sich über eine frühere Jeannée-Kolumne beschwert haben: „Ihre Kritik an SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas und ORF-Stiftungsrat Nikolaus Pelinka empfinde ich als extrem unfair.“

Nachdem Ainetter in „Heute“ ebenfalls über derlei Machenschaften berichtet hatte, verkündete er am Mittwoch nach einem Gespräch mit Eva Dichand vor versammelter Mannschaft seinen Rückzug. Aus „privaten Gründen“, wie Dichand danach der „Presse“ erklärte. Sie vermutet hinter der Behauptung, Ainetter müsse wegen seiner kritischen Berichterstattung über das faymannsche PR-Desaster gehen, bewusst gestreute Gerüchte und betont, dass „weder die SPÖ noch die ÖVP oder sonst eine Partei Einfluss auf den Inhalt von ,Heute‘ hat“. Sehr wohl haben die Parteien aber Einfluss auf das Budget des Gratisblatts: „Heute“ hat über 15 Prozent Anteil an den Politikinseraten.

Gefakte Freunde und Ghostwriter

Im Kanzleramt sind allein neun Mitarbeiter für Faymanns Auftritt auf Facebook, Twitter, „Kanzler-Apps“ und der neuen Website www.bundeskanzler.at zuständig. Bis dato schaffen die es aber nicht, ihren Chef wieder aus den Negativ-Schlagzeilen zu bugsieren. Nachdem das mit den gefakten „Freunden“ auf Facebook eben nicht so gut geklappt hat, schreibt der Kanzler – oder einer seiner offiziellen Ghostwriter – seit Freitag in der Ich-Form. Er habe „eben mit meiner dänischen Amtskollegin Helle Thorning-Schmidt“ gesprochen, postete Faymann. Und: „Wir sind, nebenbei bemerkt, beide entschiedene Gegner der Atomkraft; schön, bei diesem wichtigen Thema eine Mitstreiterin zu haben.“ Zunächst war die Meldung offenbar aus Versehen auch noch mit „tb“ (für Team Bundeskanzler) gezeichnet – das Kürzel wurde später entfernt.

Jetzt macht man sich die Lobhudelei also ungeschminkt selbst. Das desaströse Social-Media-Engagement wegen der spöttischen Reaktionen vor allem aus den Kreisen der „digital natives“ (also jener Generation, die ins digitale Zeitalter hineingeboren wurde und mit diesen Medien schneller und geschickter umgeht) zu beenden, kommt für die SPÖ aber nicht in Frage. Social-Media-Beauftragte Angelika Feigl hat das im „Presse“-Interview am Freitag abgelehnt.

Kritik an Satire: „Failmann“ nervt

Und vielleicht zahlt es sich ja auch aus, beharrlich zu sein. Denn die Front der Gegner zeigt erste Risse: Manchen geht „Werner Failmann“ bereits auf die Nerven – ein Double, das auf Twitter und Facebook auftauchte und sich über die Social-Media-Ambitionen des Kanzlers lustig machte, noch bevor dieser damit online ging.

So schreibt Stefan Bachleitner, ein Online-PR-Experte (Agentur: Skills Group) auf seiner Plattform politikon.at: „Der Witz ist inzwischen gegessen.“ Er mache sich zwar keine Sorgen um Faymann, aber um die Social-Media-Community. Schadenfreude sei „weder besonders sympathisch, noch sonderlich konstruktiv“. Er vermisse „die Grundregeln jedes demokratischen Diskurses“. Bachleitner ortet „Humpta-Humpta-Humor und gehässige Unterstellungen“, die „im Schatten der Anonymität“ ventiliert werden. (Man weiß bisher nur, dass drei Personen hinter Failmann stehen.) „Haben wir wirklich nichts Besseres verdient?“ fragt Bachleitner: Das sei schädlich für die Community.

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