ÖVP-Streit: „Es geht immer tiefer“

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Die ÖVP ist bei der Solidarabgabe weiter uneins, zum Amüsement der SPÖ. Im VP-nahen Managerzirkel reagiert man mit Empörung auf ÖAAB-Chefin Johanna Mikl-Leitner.

Wien. US-Botschafter William C. Eacho III. war gekommen, Industriellenvereinigung-Präsident Veit Sorger und Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl. Montagabend feierte Herbert Paierl, der frühere steirische ÖVP-Wirtschaftslandesrat, der heute bei Magna tätig ist, seinen Abschied als Chef des „Management Club" - ein Ableger des ÖVP-Wirtschaftsbunds - in dessen Räumlichkeiten in der Kärntner Straße. Und Paierl fand in seiner Abschiedsrede deutliche, auf den „Her mit dem Zaster"-Sager von ÖAAB-Chefin Johanna Mikl-Leitner gemünzte Worte: Wenn er so etwas höre, dann sei es wirklich gut, „auf Wiedersehen" zu sagen. „Es geht immer tiefer." Bald wohl auch bei den Wahlergebnissen. Die Empörung war Paierl anzuhören - und der Applaus seiner Gäste aus Industrie und Wirtschaft war ihm sicher.

Und noch einen Seitenhieb gönnte sich Paierl, als er seine Ideen aus den vergangenen Jahren Revue passieren ließ. Auf seinen Vorschlag bezüglich einer drastischen Reduzierung der Schulverwaltung habe ihm ein Landeshauptmann mit „dennoch freundlichen Grüßen" geantwortet. „Der Sepp ist ein guter Freund, aber das hat er nicht ganz verstanden", meinte Paierl launig. Der einzige Landeshauptmann, der mit Vornamen Josef heißt, heißt mit Nachnamen Pühringer.

Paierl sprach damit jenes Unbehagen an, das Vertreter des reformorientierten Wirtschaftsflügels der ÖVP schon länger mit ihrer Partei haben. Die klassenkämpferischen Töne der neuen ÖAAB-Chefin Mikl-Leitner haben dieses nun noch weiter gesteigert.

Reichensteuer: „Zaster" oder „Peanuts"?

Und sie beschäftigten gestern auch Kanzler und Vizekanzler nach dem Ministerrat: „Einzelmaßnahmen kommentiere ich nicht", sagte ÖVP-Chef Michael Spindelegger zum Vorstoß der ÖAAB-Chefin in Richtung einer Solidarabgabe für Spitzenverdiener. Das seien „Peanuts", lautete sein einziger Kommentar: Viel wichtiger sei „das Große" - konkret die Schuldenbremse.

Für ihn sei die Reichensteuer eine „wesentliche Forderung", entgegnete SPÖ-Chef Werner Faymann. Und - als Spitze gegen Spindelegger und Mikl-Leitner: „Ob man Peanuts oder Zaster dazu sagt, ist mir egal." Darauf Spindeleggers: Das Thema sei „zu ernsthaft, als dass man mit solchen Ausdrücken versucht, es ins Lächerliche zu ziehen".

Solidarisch mit „seiner" neuen Chefin zeigte sich ÖAAB-Generalsekretär Lukas Mandl. „Natürlich" stehe er hinter den Aussagen Mikl-Leitners, sagte Mandl der „Presse". Eine zeitlich befristete Solidarabgabe ab einem Jahresbruttoeinkommen von einer halben Million Euro sei „die richtige Botschaft" in Zeiten, in denen vor allem ausgabenseitig, aber „auch einnahmenseitig etwas passieren" müsse. Die Abgabe wäre zwar „nur ein symbolischer Akt", so Mandl: „Unser Budget wird daran nicht genesen." Die Abgabe wäre deshalb aber „nicht weniger wichtig".

Andere Spitzenpolitiker der ÖVP hielten sich gestern wie schon an den Tagen zuvor mit öffentlichen Aussagen zur Causa prima lieber zurück. Es scheint eine Art vorauseilenden Schweige-Gehorsam zu geben. Keiner will den Kopf in der Öffentlichkeit zu weit hinausstrecken. Die Debatte soll intern eingedämmt werden und sich nicht zum Flächenbrand ausweiten. Allerdings: Das Thema Solidarabgabe bewegt die Funktionäre. Mikl-Leitner hätte nicht zu so deftigen Worten gegriffen („Her mit dem Zaster, her mit der Marie!"), wenn sie nicht gewusst hätte, dass das bei ihrem ÖAAB-Publikum sehr gut ankommt. Auf der anderen Seite reagieren Wirtschaftsbund-Funktionäre nur noch mit Kopfschütteln auf ihre ÖAAB-Kollegin.

Bauernbund will einmal abwarten

Und wie steht eigentlich der ÖVP-Bauernbund zum Solidarabgabe-Vorstoß des ÖVP-Arbeitnehmerbundes? Die Bauern geben sich vorsichtig abwartend. „Wir warten einmal auf konkrete Vorschläge und kommentieren das erst dann", heißt es aus der Bauernbund-Zentrale.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.11.2011)

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