Neonazi-Mordserie: Ex-NPD-Funktionär verhaftet

(c) Dapd (Daniel Kopatsch)
  • Drucken

Ralf W. soll seit 1995 in Kontakt mit Terrortrio gewesen sein und von Morden gewusst haben. Der langjährige NPD-Funktionär wurde in Jena von Spezialeinheiten der Polizei festgenommen.

Wien/Berlin/Ag. Gestern morgen klickten die Handschellen für Ralf W. Der langjährige NPD-Funktionär wurde in Jena (Thüringen) von Spezialeinheiten der Polizei als weiterer mutmaßlicher Helfer des Zwickauer Neonazi-Trios festgenommen.

Der 36-Jährige wird verdächtig, die Gruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“(NSU) unterstützt zu haben. Ihm wird Beihilfe zu sechs Morden und einem versuchten Mord vorgeworfen. W. soll seit 1995 in rechtsextremistischen Kreisen in Thüringen aktiv gewesen sein – unter anderem in der „Kameradschaft Jena“, in der auch Uwe M., Uwe B. und Beate Z. organisiert waren. Ralf W. trat 1999, kurz nach dem Untertauchen des Neonazi-Trios, in die NPD ein. Mit Unterbrechungen war er von 1999 bis Mitte 2008 Vorstandsmitglied der NPD.

Ralf W. soll 2001 oder 2002 die untergetauchten Terroristen über einen Kurier mit einer Waffe und Munition versorgt haben, berichtet „Spiegel Online“. Laut Ansicht der Behörden habe Ralf W. von den terroristischen Aktivitäten des Trios gewusst. Der 36-Jährige sollte noch am Dienstag dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe vorgeführt werden. W. ist neben der Hauptverdächtigen Z., dem mutmaßlichen Helfer Holger G. aus dem Raum Hannover und dem in Brandenburg gefassten André E. der vierte mutmaßliche Neonazi, der im Zusammenhang mit einer Mordserie von 2000 bis 2007 festgenommen wurde.

„Rechtsextremisten-Datei“

Unterdessen plant der deutsche Innenminister Hans-Peter Friedrich eine neue Datei, um Informationen über gewaltbereite Rechtsextremisten zentral zu erfassen – etwa Bank- und Telefonverbindungen sowie Kontaktleute von gewaltbereiten Rechtsextremisten. Damit sollen Pannen von Polizei und Verfassungsschützern wie im aktuellen Fall vermieden werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.11.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Archivbild: Der verhaftete NPD-Funktionär Wohlleben (links) mit einem mittlerwele verstorbenen Verdächtigen im Jahr 1996.
Weltjournal

Deutschland setzt bei Terror-Ermittlungen auf Plakate

Die deutsche Neonazi-Terrorgruppe NSU könnte weitere Taten begangen haben. 470 Beamte ermitteln, die Behörden bitten die Bevölkerung um Hilfe.
Weltjournal

Die virtuellen Netze der Neonazis

Rechtsextreme sind zunehmend im Internet aktiv. Nach Gottfried Küssels Verhaftung organisiert sich die Szene neu. Er war in der Vergangenheit nicht nur oft bei den ostdeutschen Kameraden zu Gast.
Zwickau Neonazi Terror
Weltjournal

Nach Mordserie: Elitetruppe nimmt Neonazi-Filmer fest

Der 32-jährige Andre E. soll einen Propagandafilm für den "Nationalsozialistischen Untergrund" gemacht haben. Der Gruppe werden zehn Morde zur Last gelegt. Die Polizei durchsucht mehrere Wohnungen.
NPD Rechtsextremismus Neonazi-Morde
Weltjournal

Nach Neonazi-Morden: Neuer Anlauf für NPD-Verbot?

Die deutsche Kanzlerin ruft zum vereinten Kampf gegen Rechtsextreme auf. Innenminister Friedrich lässt ein Verbot der NPD prüfen. Ein Stolperstein könnten einmal mehr die V-Leute in der Partei sein.
Weltjournal

Die mörderischen Späße der Neonazis

In der rechtsextremen Szene florieren Verschwörungstheorien und ein „Döner“-Song wirft die Frage auf, wie viele eigentlich von der Existenz der Terroristen ahnten.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.