Kairo: Unruhen beenden friedlichen Ablauf von Wahlen

Unruhen Kairo beenden friedlichen
Unruhen Kairo beenden friedlichen(c) EPA (KHALED ELFIQI)
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Bei schweren Unruhen wurden fast 80 Menschen verletzt. Seit Montag sind 80 Millionen Ägypter aufgerufen, ihr Parlament zu wählen. Nach den ersten beiden Wahltagen haben die Islamisten mit Abstand gewonnen.

Der weitgehend friedliche Ablauf der Parlamentswahlen in Ägypten ist nach zwei Tagen durch schwere Unruhen in Kairo beendet worden. Am Dienstag wurden in der Nähe des Tahrir-Platzes fast 80 Menschen verletzt, nachdem Jugendliche bei Zusammenstößen Molotow-Cocktails sowie Steine warfen und Schüsse abfeuerten. Nach den Worten des Reformpolitikers Mohamed El Baradei griffen "Schläger" Demonstranten an, die gegen das regierende Militär protestierten.

Mit dem Begriff "Schläger" werden in Ägypten gewalttätige Anhänger des gestürzten, autokratisch regierenden Präsidenten Hosni Mubarak bezeichnet, die etwa in den letzten Tagen des Regimes gegen die Demokratiebewegung auf dem Tahrir-Platz vorgegangen waren. Eine Regierung, die ihre Bürger nicht schützen könne, versage bei einer ihrer grundlegendsten Aufgaben, schrieb El Baradei auf Twitter.

Schleppender Übergang zur Demokratie

Die Demonstranten kritisieren, dass der Übergang zur Demokratie und einer zivilen Regierung in Ägypten zu schleppend vorangehe. Bei Straßenschlachten mit den Sicherheitskräften sind in den vergangenen Tagen mehr als 40 Menschen getötet worden. Der langjährige Machthaber Mubarak war im Februar in einem Volksaufstand gestürzt worden. Seitdem führt der Militärrat das Land. Die Generäle haben zugesichert, die Macht bis Mitte kommenden Jahres an einen gewählten Präsidenten abzugeben.

Mit der am Montag begonnen Wahl unternimmt Ägypten einen wichtigen Schritt zur Demokratie. Die 80 Millionen Bürger sind aufgerufen, in jeweils drei Runden die beiden Kammern des Parlaments zu wählen.

Islamisten mit Abstand gewonnen

Indes wurde bekannt, dass die Islamisten bei der Parlamentswahl mit Abstand gewonnen haben. laut dem Fernsehsender Al-Jazeeraer hätten die Listenkandidaten der islamistischen Partei der Freiheit und Gerechtigkeit rund 40 Prozent der Stimmen erhalten. Die säkulare Ägyptische Allianz sei mit 15 Prozent auf dem zweiten Platz gelandet. Die radikalen Islamisten der Partei Al-Nur erreichten acht Prozent, die liberale Wafd fünf Prozent.

Über die meisten Mandate für Direktkandidaten werde bei der für kommenden Montag geplanten Stichwahl entschieden. Der Nachrichtensender Al-Arabijya meldete unterdessen, dass auch 70 Prozent der im Ausland lebenden Ägypter für die Kandidaten der Partei der Freiheit und Gerechtigkeit gewählt hätten.

Die Partei der Islamisten ist aus der Muslimbruderschaft hervorgegangen. Sie will aus Ägypten einen Staat mit stark religiöser Prägung machen, vertritt allerdings im Vergleich zur Al-Nur noch relativ gemäßigte Positionen. In der Ära des im Februar entmachteten Präsidenten Hosni Mubarak waren die Muslimbrüder die stärkste Fraktion der Opposition gewesen.

Die Bewohner von Kairo und acht weiteren Provinzen hatten am Montag und Dienstag ihre Stimmen für das erste Parlament nach dem Sturz Mubaraks abgegeben. In den restlichen 18 Provinzen soll am 14. Dezember und am 3. Jänner gewählt werden. Danach findet bis zum 11. März die Wahl zur zweiten Parlamentskammer, der Shura, statt.

(Ag.)

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