Der Alpine-Konzern, ein spanisches Dorf

(c) AP (KERSTIN JOENSSON)
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Auch wenn es noch so vehement dementiert wird: Der Baukonzern Alpine wird demnächst zu 100 Prozent spanisch, der langjährige Chef Dietmar Aluta-Oltyan geht. Jetzt bahnt sich dort ein Führungsvakuum an.

Die Meldung machte vor wenigen Tagen medial die Runde: Österreichs zweitgrößter Baukonzern Alpine wird schon demnächst zu hundert Prozent spanisch. Der Baukonzern Fomento de Construcciones y Contratas (FCC) – schon seit 2006 Mehrheitseigentümer der Alpine – stockt auf 100 Prozent auf. Möglich wird das, weil die Graue Eminenz der Alpine geht: Dietmar Aluta-Oltyan, Architekt des Konzerns, langjähriger Chef, Großaktionär und nunmehr Aufsichtsratspräsident, steigt aus der Salzburger Alpine aus.
Das könnte auch schon das Ende der Geschichte sein – hätte die Alpine nicht gar so merkwürdig auf die Zeitungsberichte reagiert. Das Dementi erfolgte nämlich umgehend. Alles Blödsinn, hieß es aus der Alpine sinngemäß. Ein Gerücht, an dem nichts dran sei.
Diese Reaktion macht neugierig. Immerhin ist der Abgang Aluta-Oltyans ein Faktum. Vor wenigen Wochen wurde das auch in einer internen Geschäftsführersitzung offiziell bekannt gegeben: Per 31. Jänner 2012 wird er seine restlichen 13,5 Prozent der Alpine-Anteile abtreten. Dies sei seinerzeit vertraglich festgehalten worden, als die FCC die Anteile von Alpine-Gründer Georg Pappas übernommen hatte. Und das war auch der Grund dafür, dass die Transaktion den Spaniern seinerzeit rund 600 Millionen Euro Wert war – es ging um das Gesamtpaket.
Warum also das merkwürdige Katz-und-Maus-Spiel?
Vermutlich, weil bei den Spaniern die Nerven blank liegen. Einerseits müssten sie ja recht froh sein, Aluta-Oltyan los zu werden: Obwohl er im Baukonzern längst keine operative Funktion mehr hat, ist er dort immer noch der starke Mann, der die Fäden zieht. Und die Geschäfte laufen längst nicht mehr so gut wie einst: Vor allem im Ausland wird Geld verbrannt. Endlich können die Spanier also schalten und walten wie sie wollen.
Ob das für das Unternehmen so gut sein wird, ist halt die Frage. Persönliche Animositäten hin oder her: Aus fachlicher Sicht ist die bevorstehende Verabschiedung des Urgesteins ein grober Verlust. Aluta-Oltyan hat fast fünf Jahrzehnte lang Erfahrungen in der Alpine gesammelt. Und er hat aus dem einstigen Kleinbetrieb einen Konzern aufgebaut, der heute rund 15.000 Mitarbeiter zählt und drei Milliarden Euro Bauleistung vorweisen kann.

Nicht zu vernachlässigen sind aber auch die inoffiziellen „Spielregeln“ in österreichischen Baukonzernen: Je patriarchalischer der Führungsstil, je mehr das Unternehmen auf einen starken Mann an der Spitze zugeschnitten ist, desto besser. Strabag-Boss Hans Peter Haselsteiner ist dafür ein probates Beispiel. Aber auch der Konkurrent Porr gedieh unter seinem langjährigen, omnipräsenten Chef Horst Pöchhacker bestens.
Es geht darum, einem Konzern ein „Gesicht“ zu geben und hervorragende politische Kontakte zu haben – schließlich leben solche Konzerne zu einem Gutteil von öffentlichen Aufträgen.
Dietmar Aluta-Oltyan hat auf dieser Klaviatur virtuos gespielt. Und er hat so nebenbei auch jede Menge Lobbyisten engagiert: den ehemaligen SPÖ-Innenminister Franz Löschnak etwa, den einstigen ÖVP-Landeshauptmann von Salzburg Franz Schausberger, den früheren Kabinettschef im Verkehrsministerium Willi Berner und Ex-SPÖ-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer.
Gusenbauer, der ein Alpine-Aufsichtsratsmandat bekam, hat das Unternehmen schon längst in Richtung Strabag verlassen. Weil dort mehr Geld zu holen war, sagen die einen. In der Alpine wird hinter vorgehaltener Hand eine andere Version erzählt: Gusenbauer sei vor allem die Bürokratie und Entscheidungsschwäche der Spanier auf die Nerven gegangen.
Wie auch immer: Über die umständliche, ineffiziente Arbeitsweise des spanischen Mutterkonzerns wird in der Alpine schon länger gejammert. Und deswegen hat es in der jüngsten Vergangenheit auch schon schmerzhafte Abgänge gegeben: Karl Weidlinger, zuständig für den internationalen Hochbau, wechselte zu Swietelsky. Peter Preindl, intern schon als Aluta-Oltyans Kronprinz gehandelt, ging vor wenigen Monaten zum Schweizer Implenia-Konzern.
Womit die Spanier schon einen Vorgeschmack darauf bekommen haben, wie sich die Dinge erst recht nach Aluta-Oltyans Abgang entwickeln könnten. Und das macht die Spanier offenbar höchst nervös. Denn ist der mächtige, heimliche Chef des Unternehmens weg, wird es wohl zu einem Aderlass bei seinen Vertrauten kommen – sowohl im Management als auch bei den Lobbyisten. Womit viel Know how und vor allem auch wertvolle politische Kontakte mit einem Mal perdu wären.

Als warnendes Beispiel dient der FCC die Übernahme des größten deutschen Baukonzerns Hochtief durch die ebenfalls spanische ACS vor wenigen Monaten. Der Exodus im deutschen Management war den Spaniern sicher.
Was also tun? Wie kann ein Führungsvakuum verhindert werden? In der Alpine herrscht grobe Verunsicherung, nicht wenige befürchten, dass wirtschaftlich problematische Zeiten dräuen. Zumal die langwierigen Entscheidungsprozesse beim FCC-Konzern kaum auf eine rasche Problemlösung hoffen lassen.
Jüngstes Beispiel: Aluta-Oltyan holte vor einigen Monaten den langjährigen und erfahrenen Porr-Vorstand Johannes Dotter in die Alpine. Er sollte der neue starke Mann im Unternehmen werden, mit den Spaniern war die Sache auch schon längst paktiert. Bis FCC-Mehrheitseigentümerin Esther Koplowitz kurzerhand ihr Veto einlegte. Sie kenne Herrn Dotter nicht, beschied sie, also genieße er auch nicht ihr Vertrauen.
Zurück zum Start also. Kein Wunder, dass Meldungen über Aluta-Oltyans Abgang im Moment höchst ungelegen kommen.

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