Es gibt Gerüchte um „manipulative“ Goldverkäufe der Notenbanken. Das schwache Ergebnis des EU-Gipfels lässt die Börsen in die Knie gehen. Rezessionsängste drücken den Euro und den Ölpreis ebenfalls nach unten.
Wien/Frankfurt/red/ju. Aktien, Euro, Rohstoffe – alles wurde am Montag, dem Tag der Ernüchterung nach dem EU-Gipfel, billiger. Am auffallendsten aber war die Preisbewegung bei Gold: Das Edelmetall, das von den Wirrnissen rund um die ungelöste EU-Schuldenkrise eigentlich profitieren sollte, sackte besonders stark ab, verlor im Tagesverlauf an die drei Prozent und lag am Nachmittag schon unter 1660 Dollar pro Feinunze.
Zu viel „Papiergold“ im Markt
Was ist da los? Experten sehen den Goldpreis wegen des hohen Anteils an „Papiergold“ immer volatiler werden: Schon mehr als 90 Prozent des preisbestimmenden Handels entfallen nicht mehr auf „physisches“ Gold, sondern auf handelbare Wertpapiere (mit und ohne Goldunterlegung) auf den Goldpreis und auf Derivate. Der Handelsgegenstand lagert nach dem Kauf also nicht mehr statisch in Tresoren, sondern belebt den Finanzmarkt. In Abwärtsphasen auch mittels Leerverkäufe. Die Goldpreisentwicklung dürfte also in nächster Zeit wesentlich weniger geradlinig werden.
Der gestrige Absturz des Goldpreises lässt sich damit allein freilich noch nicht erklären. Auf dem Markt hielten sich hartnäckige Gerüchte, dass die US-Notenbank Fed in der Nacht zum Montag einen erfolgreichen Versuch gestartet hatte, den Goldpreis zu drücken. Tatsächlich wurden gegen drei Uhr früh mitteleuropäischer Zeit auf asiatischen Märkten in kurzer Zeit ungewöhnlich große Mengen Gold abgestoßen, was den Goldpreis innerhalb von zehn Minuten um mehr als 20 Dollar fallen ließ.
Die Idee hinter solchen manipulativen „Stoßverkäufen“: Wenn der Preis in kurzer Zeit deutlich fällt, dann löst das viele Anschlussverkäufe von aufgeschreckten Anlegern aus. Tatsächlich ging es ab dem Absturz am frühen Morgen kontinuierlich bergab, am Nachmittag hatte das Edelmetall schon fast drei Prozent verloren.
Die Zentralbanken waren in den vergangenen Monaten schon mehrfach in den Verdacht geraten, auf diese Weise den Goldpreis zu manipulieren. Anfang Dezember hatte es Marktgerüchte gegeben, wonach die Fed, die Bank of England und die BIZ in einer abgesprochenen Aktion Gold auf den Markt geworfen hätten. Die Zentralbanken sind bemüht, den Goldpreis nicht durch die Decke schießen zu lassen, weil hohe Goldpreise das Vertrauen in die „Papierwährungen“ untergraben.
Mit dem gestrigen Absturz ist der Goldpreis in ein charttechnisch gefährliches Territorium geraten. Die Notierung liegt nun auf dem langfristigen Aufwärtstrend. Sollte sie darunter fallen, dann könnte das eine längere Konsolidierungsphase mit kurzfristig deutlich tieferen Kursen auslösen.
Börsen geben kräftig nach
Zu Wochenbeginn ging es aber nicht nur mit den Goldnotierungen weiter bergab. Der Euro und der Ölpreis gaben ebenfalls um mehr als ein Prozent nach. Die Börsen lagen durchwegs zwischen einem und mehr als zwei Prozent im Minus. Begründet wurde die Schwäche mit den unklaren Ergebnissen des EU-Gipfels und den immer näherrückenden „Downgradings“ der Eurostaaten durch die Ratingagenturen S & P und Moody's. Beide haben bereits angedeutet, dass Abstufungen unmittelbar bevorstehen könnten.
Stark getroffen wurden an den Börsen vor allem Finanzwerte. Im deutschen DAX führte die Commerzbank die Verliererliste an. Auch die beiden österreichischen Großbanken Erste Group und Raiffeisen mussten kräftig Federn lassen.