Amokläufer von Lüttich narrte Justizbehörden

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Der 33-Jährige, der am Dienstag sechs Menschen tötete, galt als „erfolgreich resozialisiert“. Nordine Amrani wurde nach seiner fünfjährigen Haftstrafe vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen.

Lüttich/Htz. „Seine Resozialisierung verläuft vorbildlich. Amrani stellt keine Gefahr für die Gesellschaft mehr dar.“ Zu diesem Schluss kamen Psychologen und Sozialarbeiter vor einem Jahr, als der 33-jährige Nordine Amrani nach dem Verbüßen von nur der Hälfte seiner fünfjährigen Haftstrafe vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen wurde.

Der Mann, der am Dienstag in der belgischen Stadt Lüttich fünf Menschen und sich selbst tötete und 125 Menschen verletzte, galt bei der Justizbehörde offenbar als jemand, der sich nach seiner Haft wieder erfolgreich in die Gesellschaft eingliedern kann.

Der gelernte Schweißer machte nach seiner Haftentlassung einen Fortbildungskurs. Er erschien regelmäßig und immer pünktlich zu den Terminen mit seinem Sozialhelfer. Und der glaubte ihm, dass sich Amrani an alle Auflagen hielt. Das zumindest steht in seinem Dossier, das der flämischen Zeitung „De Standaard“ vorliegt. Doch Amrani dürfte sofort nach seiner Freilassung, das wurde ebenfalls bekannt, wieder mit Drogen und Waffen gehandelt haben.

Strengere Auflagen

In Belgien versucht man zu erklären, was hinter dem Massaker stehen könnte. Noch immer ist man nicht viel weitergekommen, auch wenn immer mehr Details über den Täter bekannt werden.

Erstmals wurde der Sohn marokkanischer Einwanderer als 16-Jähriger wegen Drogenhandels verurteilt. Es folgten 19 weitere Verurteilungen. Bis zum Jahr 2007 fielen die Strafen aber immer milde aus, meist bekam er Sozialdienste aufgebrummt. Als Folge des Massakers sollen nun Wiederholungstäter strenger überwacht werden.

Geldprobleme scheint der Täter nicht gehabt zu haben. Er hatte eine Lütticher Krankenschwester geheiratet, die aus einer wohlhabenden Familie stammt. Sie brachte ein großes Wohnhaus mit in die Ehe, deren sechs Appartements regelmäßige Mieteinnahmen abwarfen, berichtet die Zeitung „La Meuse“. Sie zitiert auch das letzte E-Mail, das der Täter am Montagabend an seine Frau schrieb: „Je t'aime, mon amour. Bonne chance.“ – „Ich liebe dich, meine Liebe. Viel Glück.“ Dann soll er seiner Frau noch Geld auf deren Konto überwiesen haben, bevor er das Massaker anrichtete.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.12.2011)

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