Verhandlungen über Einsparungen und (neue) Steuern werden am 27 .Dezember fortgesetzt. Nun wird sogar über eine höhere Mehrwertsteuer nachgedacht.
Wien/Pri. Zugegeben: Es war stets eng für alle Beteiligten. Dienstagvormittag, wenn die Regierungsmitglieder zum Ministerrat chauffiert werden, sind die Medienleute längst da. Betritt ein Minister den Steinsaal im Bundeskanzleramt, wird er umkreist, beantwortet die Fragen mehr oder weniger und schreitet von dannen, wenn er genug hat. Diesen Dienstag stand da plötzlich eine Kordel, die Regierende und Journalisten voneinander trennte (mag sein, dass es zuletzt Beschwerden und sogar Beulen gegeben hat). Der Akustik war das nicht eben zuträglich, weshalb sich der Bundespressedienst zu einem Kompromiss hinreißen ließ: Die schreibende Zunft durfte neben den Ministern stehen, Vertreter der elektronischen Medien aber mussten hinter der Absperrung bleiben.
Die letzte Ministerratssitzung des Jahres verlief weihnachtlich: Kanzler Werner Faymann bedankte sich beim Vizekanzler für die gute Zusammenarbeit. Und Michael Spindelegger gab den Dank artig retour. Dabei ist natürlich beiden bewusst, dass die Koalition 2012 ihre Belastbarkeitsgrenzen erreichen könnte: Bis März muss ein Konsolidierungspaket geschnürt werden – Sparmaßnahmen und neue Steuern sollen mindestens zwei Milliarden Euro in die Staatskasse spülen. Öffentlich zumindest sträubt sich die ÖVP gegen die (Vermögens-)Steuerpläne der SPÖ. „Man soll die Aufgaben, die vor uns liegen, nicht kleinreden“, sagte Faymann. Weiterverhandelt wird bereits nächsten Dienstag – auf höchster Ebene. „Für uns gibt es keinen Urlaub“, erklärte Spindelegger, ehe ihm ein kleiner Seitenhieb entfuhr: „Den Urlaub, den die Opposition macht, haben sie sicher verdient.“
Einblick in ihre Pläne gewährt die Regierung vorerst nur oberflächlich. Der Kanzler versicherte, dass die SPÖ nicht nur neue Steuern, sondern auch Einsparungen ernsthaft in Betracht ziehe. Es gebe Vorschläge „auf sicher 500 Seiten“. Vorgelegt wurden sie nicht. Allerdings verdichten sich die Anzeichen dafür, dass in der Koalition an einer Erhöhung der Mehrwertsteuer gefeilt wird. Dies hätte gegenüber dem Drehen an vielen kleinen Steuerrädern für SPÖ wie ÖVP den Vorteil, sich „nicht in Klientelpolitik verstricken“ zu müssen, erklärte ein nicht näher genanntes Regierungsmitglied den „Oberösterreichischen Nachrichten“.
Seit Montag ist bereits bekannt, dass Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) die Frühpensionen bei den ÖBB streichen will. Das brachte ihr Lob vom Vizekanzler ein: Die Maßnahme zeige auch anderen Berufsgruppen, „dass wir bei den Pensionen nun Ernst machen“. Einen Aufnahmestopp, den Spindelegger den ÖBB zusätzlich gern verordnen würde, lehnt Bures aber ab.
Gemeinsamer ÖVP/FPÖ-Entwurf
Um die Schuldenbremse in der Verfassung festzuschreiben (und die Finanzmärkte zu beruhigen), umwerben SPÖ und ÖVP parallel die Opposition. Faymann wird diese Woche Grünen-Chefin Eva Glawischnig treffen. Und ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf verhandelte am Dienstag mit Heinz-Christian Strache.
Schwarz und Blau verständigten sich dabei darauf, einen gemeinsamen Entwurf zur Stärkung der Demokratie vorzulegen. Damit soll die FPÖ zu einem Ja zur Schuldenbremse animiert werden. Strache hatte zuletzt gefordert, dass ab 250.000 Unterschriften Volksbegehren verbindlich in eine Volksabstimmung münden müssten.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.12.2011)