Kredit-Affäre: Wulff macht erste Geständnisse

Archivbild: Bundespräsident Wulff bei der Ernennung von Richtern
Archivbild: Bundespräsident Wulff bei der Ernennung von Richtern(c) EPA (Rainer Jensen)
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Der deutsche Bundespräsident Christian Wulff gibt zu, dass der Unternehmer Egon Geerkens in die Vergabe des 500.000-Euro-Kredits eingebunden war. Deutsche Bürger richten Strafanzeigen gegen den Politiker.

Der im Kreuzfeuer der Kritik stehende deutsche Bundespräsident Christian Wulff hat am Mittwoch doch bestätigt, dass der Unternehmer Egon Geerkens an der Vergabe seines Kredits beteiligt war. In einem Schreiben an die Zeitung "Die Welt" erklärte er, Egon Geerkens sei "aufgrund seines besonderen Sachverstands und der freundschaftlichen Beziehungen" in die Suche des Ehepaares Wulff nach einem Kredit eingebunden gewesen. Mit der Vergabe soll Egon Geerkens aber nichts zu tun gehabt haben. Wulff betonte weiter, dass die Initiative von dessen Frau Edith ausgegangen war, diese habe den Kredit gewährt.

Wulff wird vorgeworfen, in seiner Zeit als Ministerpräsident von Niedersachsen einen günstigen Privatkredit über eine halbe Million Euro aufgenommen zu haben. Diesen hätte er als Amtsträger aber nicht annehmen dürfen, meinen Kritiker. Außerdem hätte der damalige Ministerpräsident auf eine Anfrage der Grünen im Jahr 2010 geschäftliche Beziehungen zu Geerkens geleugnet. Dieser hatte am Dienstag aber angegeben, mit Wulff über den Kredit "verhandelt" zu haben.

Urlaube und Geschäftsinteressen

Damit aber nicht genug: Laut Medienberichten soll Wulff noch von einem weiteren Unternehmer in seinem Freundeskreis unterstützt worden sein. Carsten Maschmeyer, der Gründer des Finanzberaters AWD, soll ihm im Jahr 2007 eine Anzeigenwerbung für sein Buch "Besser die Wahrheit" finanziert haben. Wulff will davon nichts gewusst haben. Für die Werbekampagne sei sein Verlag verantwortlich gewesen.

Auch die Urlaube von Wulff und seiner Frau könnten dem Bundespräsidenten zum Verhängnis werden: Im März 2008 habe Wulff eine Woche in der Villa des befreundeten Versicherungsmanagers Wolf-Dieter Baumgartl in der Toskana verbracht, berichtete "Zeit Online". Das Pikante dabei: Laut dem Bericht habe Wulff als Landeschef von Niedersachsen im Jahr 2004 im Vermittlungsverfahren zum Alterseinkünftegesetz die Interessen der Lebensversicherer gefördert. Wulff wies den Verdacht zurück, er habe Privates und Dienstliches immer sauber getrennt.

Strafanzeigen gegen Wulff

Mittlerweile beschäftigt Wulff aber nicht nur die Politik und die moralischen Instanzen Deutschlands, sondern auch die Justiz. Bei der Staatsanwaltschaft in Hannover sind mehrere Anzeigen eingegangen, sagte ein Sprecher gegenüber der Deutschen Presse Agentur. Die Anzeigen sollen sowohl den Kredit, als auch die Urlaubsreisen des deutschen Bundespräsidenten betreffen. Derzeit werden sie auf ihren rechtlichen Gehalt geprüft. Ein förmliches Ermittlungsverfahren gibt es noch nicht.

Ungeachtet der medialen Schelte, stehen viele Parteikollegen hinter Christian Wulff. Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) etwa lobte die Arbeit des Präsidenten. Über die aktuellen Vorwürfe wolle er nicht richten, dabei "handelt es sich eher um Stilfragen". Auch der neue Generalsekretär vom Koalitionspartner FDP, Patrick Döring, warnt davor, den Präsidenten zu verurteilen. „Nur weil jemand 'Feuer' ruft, heißt das nicht, dass es wirklich brennt," sagte er der "Rheinischen Post".

(Ag./Red.)

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