Immer mehr Kinder in den USA obdachlos

(c) AP (Joerg Sarbach)
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Einer neuen Studie zufolge hat jedes 45. Kind in den Vereinigten Staaten kein Dach über dem Kopf. Am stärksten sind der Westen und Südosten der USA betroffen.

Wien/Washington/Pon. Jedes 45. amerikanische Kind galt im vergangenen Jahr in den USA als obdachlos, 42 Prozent von ihnen waren sechs Jahre oder jünger. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Nationalen Zentrums für obdachlose Familien, das die Anzahl der obdachlosen Kinder für jeden der 50 Bundesstaaten gesondert ermittelt hat.

Am stärksten ist demnach der Westen und Südosten der USA betroffen: Die negativen Spitzenreiter sind die derzeit republikanisch regierten Bundesstaaten Alabama, Mississippi, Arizona und New Mexico sowie das demokratische Kalifornien und Arkansas. Jedes zweite obdachlose Kind soll in einem dieser Bundesstaaten leben.

Auswirkung der Wirtschaftskrise

Die Studie beleuchtete einen Vierjahreszeitraum und stellte fest, dass selbst 2006, das „Jahr der Naturkatastrophen“, nicht den Höhepunkt der Kinderobdachlosigkeit darstellte: Gab es damals als Folge der beiden Hurrikans „Katrina“ und „Rita“ schon 1,5 Millionen US-Kinder, die kein Dach über dem Kopf hatten, erhöhte sich diese Zahl bis 2010 auf 1,6 Millionen. Grund für den Anstieg ist der Studie zufolge die 2007 einsetzende Rezession. Daraus wird der Schluss gezogen, dass sich vom Menschen gemachte Katastrophen wie die Wirtschaftskrise schlimmer auswirken können als Naturkatastrophen.

Weitere Ergebnisse der Studie sehen einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der verminderten Lernfähigkeit der Kinder und den konstanten, traumatischen Erlebnissen durch die Obdachlosigkeit. Nicht nur würden obdachlose Kinder an Hunger, schlechter Gesundheit und psychischen Problemen leiden, sondern auch schlechter lesen und rechnen als „normale“ Kinder. Dadurch hätten sie von vornherein schlechtere Zukunftschancen.

Betreuung ausbauen

Die Studienautoren kritisieren den Mangel an politischem Engagement in Sachen Kinderobdachlosigkeit: So hätten sich nur sieben Bundesstaaten dieses Problems mit weitergehenden Strategien angenommen, 16 Staaten hätten überhaupt keine Maßnahmen ergriffen.

Vorschläge, wie dieser Trend aufzuhalten sei, gibt es genügend. Am wichtigsten sei, dass staatliche Fördergelder für obdachlose Familien ab sofort nicht mehr gekürzt werden dürfen. Zudem müssten Programme forciert werden, die sich der Wohnungsbeschaffung, der Kinderbetreuung, der Bildung und des Abbaus von häuslicher Gewalt annehmen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2011)

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