Christian Wulffs Kampf mit privaten Verstrickungen.
Sollte Christian Wulff seinen Hut nehmen, wäre es der zweite Rücktritt eines deutschen Präsidenten in Folge. Horst Köhler war 2010 über seine eigenwilligen Überlegungen zum deutschen Einsatz in Afghanistan gestolpert. Viel wurde darüber spekuliert, ob die (an sich kaum ernsthafte) Angelegenheit nicht bloß ein Vorwand war und Köhler eher wegen Amtsmüdigkeit seine Demission einreichte – Faktum ist jedenfalls, dass die Tugend, aus eigenem Fehlverhalten Konsequenzen zu ziehen, in Deutschland weit verbreitet ist.
Solange die Frage nicht geklärt ist, ob die Verstrickungen Wulffs mit diversen Unternehmern ein klarer Fall von Freunderlwirtschaft oder lediglich politischer Kurzsichtigkeit geschuldet sind, gilt für das Staatsoberhaupt die Unschuldsvermutung. Zum Verhängnis werden könnte ihm am ehesten die Affäre um einen Kredit, den er von einem befreundeten Ehepaar erhalten hat. Sollte sich herausstellen, dass Wulff in der Sache den niedersächsischen Landtag hinters Licht geführt hat, wäre er nicht mehr zu halten.
Sein einziger Trost wäre dann wohl die Tatsache, dass der reuige Sünder oft eine zweite Chance bekommt. Karl-Theodor zu Guttenberg könnte Wulff in dieser Hinsicht als leuchtendes Vorbild dienen.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2011)