Über die Erhöhung der Mehrwertsteuer wird spekuliert. Die Abschaffung der Begünstigung von Überstunden ist noch realistischer. Diese Abschaffung könnte zwischen 100 Millionen und 200 Millionen Euro bringen.
Wien/No. Offiziell will es natürlich keiner in der ÖVP bestätigten. Inoffiziell wird zumindest erzählt, dass über die Erhöhung der Mehrwertsteuer intensiv nachgedacht wurde. Aber: In der ÖVP heißt es nun, dass diese Erhöhung – ein Prozentpunkt brächte rund eine Milliarde Euro für das Budget – wohl eher nicht umgesetzt werde.
ÖVP-Generalsekretär Johannes Rauch will dazu offiziell hingegen überhaupt nichts sagen: „Ich kann nicht jede einzelne Idee zur Erhöhung der Steuerlast kommentieren. Wir wollen eine ausgabenseitige Sanierung der Staatsfinanzen. Das Erfinden neuer Steuervorschläge überlassen wir der SPÖ.“
Dort hätte man mit einer möglichen Erhöhung der Mehrwertsteuer aber keine Freude: Staatssekretär Andreas Schieder erklärt zwar, dass auch er keine Einzelvorschläge kommentiere, es gehe um ein Gesamtpaket und eine gemeinsame Lösung am Schluss. Aber eine Erhöhung der Mehrwertsteuer lehne er klar ab: Eine solche treibe tendenziell die Inflation weiter an und treffe untere Einkommensschichten voll. Daher sei eine solche Erhöhung aus Sicht der SPÖ auszuschließen. Seine Partei werde stattdessen eine Besteuerung von Vermögenswerten durchsetzen – und eine Abgabe aus allen Gewinnen aus Verkäufen von Immobilien, mit Ausnahme des eigenen Wohnsitzes. Ins selbe Horn blies am Mittwoch der ÖGB-Vorstand, der bereits gegen ein Sparpaket mobilmacht: „Wir brauchen beides: gerechtere Steuern und Effizienz und Effektivität bei den Ausgaben“, sagte Gewerkschaftschef Erich Foglar.
Die Realisierung einer Maßnahme zeichnet sich bereits ab, wie der „Presse“ aus Regierungskreisen bestätigt wurde: Die Steuerfreiheit für die ersten zehn Überstundenzuschläge von Arbeitnehmern wird demnach fallen – oder zumindest wieder auf fünf Stunden verkürzt werden. Durch diese Abschaffung könnten zwischen 100 Millionen und 200 Millionen Euro ins Budget fließen. Die Begünstigung war in der legendären letzten Nationalratssitzung vor der Wahl im September 2008 von fünf auf zehn steuerfreie Überstunden ausgedehnt worden. Das BZÖ hatte den Vorschlag eingebracht.
Laut Umfrage des Imas-Instituts unter 1000 Österreichern wäre fast jeder Zweite dazu bereit, den Gürtel enger zu schnallen. Im Schnitt könnte man mit 66 Euro weniger auskommen, ohne Armut zu verspüren.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2011)