Voestalpine: Noch ein Schienenkartell

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Die Voestalpine soll nicht nur im bereits bekannten deutschen Schienenkartell Preisabsprachen getroffen haben. Andere Firmen seien nicht eingebunden gewesen.

Wien/Weber. Der börsenotierte Linzer Stahlkonzern Voestalpine droht immer tiefer in der Affäre rund um das deutsche Schienenkartell zu versinken. Wie berichtet soll der Stahlkocher gemeinsam mit anderen Unternehmen wie Thyssen-Krupp Preisabsprachen auf dem Markt für Bahnschienen getroffen haben. Hauptgeschädigter des Kartells, das seit 1998 unter dem Namen „Schienenfreunde“ aktiv gewesen sein soll, ist die Deutsche Bahn.

Laut einem Bericht des „Handelsblatts“ soll die Voest daneben noch weitere Absprachen getroffen haben. Zusammen mit dem Stahlkonzern Stahlberg Roensch sollen die Preise für kopfgehärtete Schienen – das sind Schienen, die besonderen Belastungen standhalten – künstlich hoch gehalten worden sein. Andere Firmen seien nicht eingebunden gewesen, berichtet das Blatt unter Berufung auf Branchenkreise.

Während das große Kartell 2008 zerbrochen ist, sei die Sonderabsprache zwischen den beiden Unternehmen bis in dieses Jahr gelaufen. Bei der Voest hieß es, man kommentiere keine laufenden Verfahren.

Kronzeugenstatus in Gefahr

Für den Stahlkonzern ist die Enthüllung mehr als brisant. Bislang hatten sich die Linzer nämlich als Kronzeugen ausgegeben und gehofft, auf diese Weise einer Strafe zu entgehen. Zuletzt gab es aber immer mehr Zweifel, ob sie diesen Status behalten können. Medienberichten zufolge soll nämlich ein früherer Mitarbeiter des Konzerns den Behörden den entscheidenden Hinweis geliefert haben.

Sollte die Voest weiter als Kronzeuge gelten – was das deutsche Bundeskartellamt nicht bestätigt – ist sie grundsätzlich zur vollen Kooperation mit den Behörden verpflichtet. Die Verheimlichung eines zweiten Kartells käme dabei mehr als ungelegen.

Inwiefern ein Kronzeuge dann noch mit Straffreiheit rechnen kann, müsse im Einzelfall geprüft werden, erklärte ein Sprecher des Kartellamts gegenüber der „Presse“. Untersucht werde, wie die Preisabsprachen zusammenhängen. Es sei auch denkbar, dass einem Unternehmen, das ein Verfahren zwar ins Rollen bringt, dann aber Einzelheiten verschweigt, immer noch ein Teil der Strafe erlassen wird. Bei der Voest gibt man sich diesbezüglich optimistisch: „Wir sind zuversichtlich, dass wir den Status als Kronzeugen halten können“, hieß es.

Der Deutschen Bahn soll durch das große Kartell über die Jahre ein Schaden von rund einer Mrd. Euro entstanden sein. Wie groß der Schaden durch das kleinere Kartell sein könnte, wollte das Unternehmen nicht kommentieren. Die Bahn kauft jährlich für rund 300 Mio. Euro Schienen ein, davon entfallen 40 Mio. Euro auf kopfgehärtete Schienen.

Offenbar haben sich die Wogen zwischen der Voest und der Deutschen Bahn inzwischen aber wieder geglättet. Kürzlich erhielt die Voest zusammen mit Moravia Steel und Tata Steel einen Großauftrag für die Lieferung von Schienen im Umfang von 300 Mio. Euro. Eine Entschädigungszahlung der Voest soll es aber – trotz Ankündigung – noch nicht gegeben haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.12.2011)

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