USA dürfen nicht wahllos stöbern

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Der Abgleich von DNA-Spuren und Fingerabdrücken ist nur bei schweren Straftaten möglich. Allerdings sind weitreichende Ausnahmen möglich. Europa und USA haben fundamentale Unterschiede im Datenschutzrecht.

Wien/Awe. Das Abkommen über den Austausch von Polizeidaten (Fingerabdrücke und DNA-Spuren) zwischen Österreich und den USA wird demnächst und auf Wunsch der Opposition noch einmal dem Datenschutzrat (DSR) vorgelegt. Anschließend wird das Vorhaben den Innenausschuss und das Parlament mit den Stimmen der Regierungsparteien passieren. Danach (voraussichtlich erstes Halbjahr 2012) kann das Abkommen in Kraft treten.

Als Vorbild diente der Prümer Vertrag, der den Austausch erkennungsdienstlicher Daten unter europäischen Ländern regelt. Der Haken: Zwischen Europa und den USA gibt es fundamentale Unterschiede im Datenschutzrecht. Obwohl in der europäischen Datenschutzkonvention vorgesehen, können Privatpersonen laut Auffassung des DSR falsche oder widerrechtlich übermittelte Daten in den USA nicht beeinspruchen. Hat jemand Grund zur Beanstandung, geht das nur über den Umweg der unabhängig gestellten Datenschutzkommission, die ein Lösch- oder Korrekturansuchen schicken muss. Allerdings sind die Ansprechpartner in Washington, die sogenannten Chief Privacy Officers, weisungsgebundene Beamte, die nach den Vorgaben ihrer Vorgesetzten entscheiden.

Terrorismusverdacht im Akt

In der Praxis dürfen Partner nicht wahllos die Datenbank des anderen durchstöbern. Via Computer wird eine Anfrage geschickt, ob zum sichergestellten Fingerabdruck X oder zum DNA-Profil Y etwas vorliegt. Wenn ja, erhält der Fragesteller Namen, Alias-Namen, Alter, Reisepassnummer und Strafregisterauszug übermittelt. Heikel: Auch ein allfälliger Terrorismusverdacht geht dabei über den Atlantik. Die Ex-ÖH-Vorsitzende Sigrid Maurer hätte in so einem Fall trotz einwandfreien Leumunds ein Problem: Wegen einer Demo im Parlament stand sie auf einer Terrorliste des Verfassungsschutzes.

Bei „besonders relevanten“ Fällen sind sogar Informationen über Rasse, politische Einstellung, Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft, religiöse Ausrichtung und sexuelle Orientierung zu übermitteln. Was „besonders relevant“ ist, wird im Vertrag nicht präzisiert.

Grundsätzlich dürfen Anfragen nur bei Verdacht auf ein bevorstehendes oder begangenes Verbrechen gestellt werden, das mit mehr als einem Jahr Haft bedroht ist. Aber: Einigen sich zwei Länder vorher im Einzelfall darauf, dann auch „für jeden anderen Zweck“.

Laut Außenministerium hat Österreich als einziges der 20 Länder, die das „Preventing and Combating Serious Crime“-Programm (PCSC) umfasst, das Recht, den Vertrag einseitig auszusetzen oder zu kündigen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.12.2011)

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