Nach Protest gegen Aufnahmestopp: "Sonderlösung" für Lehrer

Nach Protest gegen Aufnahmestopp
Nach Protest gegen Aufnahmestopp(c) Clemens Fabry
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Sparpaket: Auch die Finanzgewerkschaft fordert mehr Personal. Spindelegger will vorrangig in ausgegliederten Sektoren sparen.

[WIEN/Linz] Die Lehrer traf die Aussage von Vizekanzler Michael Spindelegger über einen sofortigen Aufnahmestopp im öffentlichen Dienst in den Weihnachtsferien wie ein Peitschenschlag. „Das ist unvorstellbar": Der Vorsitzende der Pflichtschullehrergewerkschaft, Paul Kimberger, wandte sich im Gespräch mit der „Presse" am Montag ebenso wie Jürgen Rainer, Gewerkschaftschef der Lehrer an Berufsbildenden Mittleren und Höheren Schulen, gegen die Einbeziehung des Bildungssektors in diese Sparmaßnahme. Beide Lehrergewerkschafter verwiesen darauf, dass in den kommenden Jahren Tausende Pensionierungen von Pädagogen bevorstehen. „Ich glaube nicht, dass das zur Anwendung kommt", prophezeite Rainer.

Im Büro Spindeleggers sah man sich angesichts der Proteste auf Anfrage der „Presse" zur einer Klarstellung veranlasst: „Für die Lehrer wird man auch Ausnahmeregelungen finden." Es soll zu einer „Sonderlösung" kommen, mit der sichergestellt sei, dass trotz der Pensionierungen die Klassenschülerhöchstzahlen nicht überschritten werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Lehrbereich komplett von den Personalsparmaßnahmen ausgenommen bleibt: „Es wird halt alles etwas reduziert sein."

Aufnahmestopp soll auch für ÖBB gelten

Spindelegger hat den Plan für einen sofortigen Aufnahmestopp am Neujahrstag angekündigt und in der Austria Presse Agentur nur den Sicherheitsbereich (Exekutive und Justiz) ausgeklammert . Der Vizekanzler und ÖVP-Obmann stellt außerdem klar, ein Hauptgrund für den Aufnahmestopp sei, dass damit in den aus dem Bundesdienst ausgegliederten Bereichen rasch Einsparungen erfolgen. Insgesamt waren dort mit Stand Ende 2010 nach Daten des Finanzministeriums 96.852 Bedienstete beschäftigt, mit 45.417 Mitarbeitern davon fast die Hälfte bei den ÖBB und Schieneninfrastrukturgesellschaften.

Seit 2007 ist der Mitarbeiterstand in den ausgegliederten Bereichen, zu denen beispielsweise auch die Universitäten zählen, um rund 4000 gestiegen, allein um rund 2000 im Bahnbereich.
Schon derzeit wird im Bundesdienst - mit Ausnahme der Polizei - nur jeder zweite durch Pensionierung freiwerdende Dienstposten nachbesetzt. Im Bundesdienst gehen jährlich von den 132.800 Mitarbeitern im Schnitt 2500 bis 3000 Beamte und Vertragsbedienstete in den Ruhestand.

Gerade in den Schulen steht ein Generationswechsel bevor. Von den insgesamt rund 120.000 Lehrern wird etwa die Hälfte in den kommenden zehn Jahren in Pension gehen. Er könne sich nicht vorstellen, dass ein Volksschul- oder Hauptschullehrer nicht nachbesetzt werde, beteuert Pflichtschullehrer-Gewerkschafter Kimberger. Auf die Reduktion der Schülerzahlen werde bereits durch den Aufteilungsschüssel der Mittel durch den Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden Rücksicht genommen. Wegen der Pensionierungen stelle sich vielmehr die „Herausforderung", dass man gute, junge Kolleginnen und Kollegen finde.

„Das geht uns gegen den Strich"

Rainer wiederum sieht bei einem Aufnahmestopp den Ausbau der Neuen Mittelschule in Frage gestellt. In den Berufsbildenden Schulen müsse man schon jetzt wegen des Personalmangel als „Puffer" Überstunden machen. „Wir brauchen viele, viele Leute direkt aus der Wirtschaft", warnt der Lehrervertreter. Allein in der Oberstufe komme von 23.000 Pädagogen rund die Hälfte aus der Wirtschaft. Umgerechnet könnten für einen älteren pensionierten Lehrer fast zwei junge Kräfte eingestellt werden.

Ein Aufschrei wegen des geplanten Aufnahmestopps kommt auch aus der Finanzgewerkschaft. „Das geht uns gegen den Strich", wettert deren Vorsitzender Herbert Bayer im Gespräch mit der „Presse". Es sei „widersinnig", dass man Geld hereinbringe solle und dann werde bei der Finanz gespart. „Wir stehen auf dem Standpunkt, dass wir zu wenig Personal haben." Dass müsse auch der Vizekanzler zur Kenntnis nehmen. Nach Einsparungen in den vergangenen Jahren habe man durch den Personaltransfer von früheren Postbeamten und Heeresbediensteten die ersten 400 Mitarbeiter zur Entlastung bekommen. 200 weitere seien aber durch Transfers noch ausständig.

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