Die SPÖ und ihre liebste Propagandasteuer

Wer sein Vermögen vor dem nächsten Zugriff des Raubritterstaates Österreich in Sicherheit bringen will, sollte schleunigst das nächstgelegene Notariat aufsuchen.

Irgendwie verlief der Start in das neue Jahr ziemlich vielversprechend. Zumindest dann, wenn man zu jenem großen Teil der Bevölkerung zählt, der Veränderungen nicht mit uneingeschränkter Begeisterung begegnet. Vor allem die Politik sorgte in diesem Zusammenhang für Stabilität. Das neue Jahr begann nämlich so, wie das alte endete: mit einer Debatte, wie denn die ohnehin atemberaubend hohe Steuerquote des Landes von 42 Prozent der Wirtschaftsleistung weiter nach oben zu treiben wäre. Hochdekorierte Ökonomen sehen zwar keinen Spielraum, den Österreichern noch mehr Geld aus den Taschen zu ziehen, davon lassen sich die Sozialdemokraten aber nicht verschrecken. Nach Akademikersteuer, Reichensteuer, Millionärssteuer und Immobilienzuwachssteuer versucht es die SPÖ zu Jahresbeginn mit der Wiedereinführung der Erbschaftssteuer.

Nicht wirklich neu ist auch die argumentative Unterfütterung des detaillierten Plans (siehe Artikel auf Seite 1):Erstens brauche der Staat dringend Geld, zweitens sei eine Sanierung des Haushalts ausgabenseitig nicht zu machen und drittens wäre es nur gerecht, „arbeitsfreie“ Einkommen kräftig zu besteuern. Während sich nämlich die Reichen bestenfalls über die Temperatur des Champagners zu echauffieren hätten, bangt die österreichische Arbeiterschaft um ihren Arbeitsplatz, deshalb sollten auch die Besitzenden etwas abgeben.

Naturgemäß bedienen sich Staaten dort, wo es etwas zu holen gibt. Das ist in aller Welt so. Eine österreichische Eigenheit ist allerdings die beinahe schon beeindruckende Konzeptlosigkeit, der die Steuervorschläge folgen. Die Kanzlerpartei gibt sich nicht einmal die Mühe, die Bevölkerung mit einer nachvollziehbaren Idee für eine Änderung des herrschenden Steuersystems zu gewinnen. Stattdessen wird banal die Gerechtigkeitskeule geschwungen, als wäre vererbtes Vermögen generell der Besteuerung entzogen. Dabei ist Erbe nichts anderes als gespeichertes Einkommen, auf das der Staat mindestens einmal zugegriffen hat. Hierzulande geschieht das während des Aufbaus von Vermögen über hohe Steuern auf Arbeit. Besitz ist in Österreich ja nicht deshalb ungleich verteilt, weil wenige so viel haben. Sondern weil der Staat einen abenteuerlich hohen Teil der Erwerbseinkommen für sich beansprucht. Wer hierzulande 4000 Euro brutto verdient, wird bis Mitte August zum staatlichen Frondienst genötigt.

Nun könnte die SPÖ diese exzessive Besteuerung (an deren Zustandekommen sie federführend mitgewirkt hat) als ungerecht anprangern und für eine niedrigere Belastung von Einkommen plädieren, um im Gegenzug höhere Erbschaftssteuern zu fordern. So machen das auch kapitalistische Länder wie die Schweiz und die USA. Mit dem Vorteil, dass sich die Bürger den Antritt des Erbes auch leisten können, weil sie die Steuer aus eigener Hände Arbeit erwirtschaftet haben. Statt das Erbe (etwa ein Haus) verkaufen zu müssen, um die anfallende Steuer bezahlen zu können.


Von einer dahingehenden Änderung des Steuersystems ist aber keine Rede. Warum nicht? Weil die SPÖ weniger an einer breiten Wohlstandsvermehrung interessiert ist als an einem möglichst großen Heer von Bürgern, deren Einkommen vom Wohlwollen umverteilender Politiker abhängt. Deshalb sind nicht die Nettoeinkommen der Arbeitnehmer zu erhöhen, sondern jene des Staates, der dann via „gerechte“ Politiker den gönnerhaften Onkel spielen kann, bei dem die zuvor ausgenommenen Bürger artig ihr Dankes-„Knickserl“ machen dürfen. Hinzu kommt, dass Reichtum für die Linke eben noch immer so etwas wie ein nicht zu tolerierender Diebstahl am Volksvermögen ist.

Um nun beides zu bekommen – hohe Steuern auf Einkommen und geerbtes Vermögen – wird ungeniert die Legende vom armen Staat bemüht, der wegen der Finanzkrise unter bitterer Geldnot zu leiden habe. Obwohl die Steuereinnahmen von einem Rekord zum nächsten eilen. Potenzielle Erblasser sollten sich also schleunigst zum nächstgelegenen Notariat aufmachen, so sie den Zugriff des Staates auf das vor der Weitergabe stehende Vermögen für unverschämt halten. Für diese Gruppe der Bevölkerung wird 2012 nämlich weniger zufriedenstellend enden, als es begonnen hat.

E-Mails an: franz.schellhorn@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.01.2012)

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