In Ungarn schnellten die Zinsen für Staatsanleihen auf ein Rekordhoch. In Österreich steigt indes die Angst vor den Folgen für die heimischen Banken.
Österreich bekommt als stark in Ungarn engagiertes Land die Nöte des Nachbarn mittlerweile hautnah zu spüren. Die Kredit-Ausfallversicherungen für österreichische Schuldtitel stiegen auf den höchsten Stand seit Ende November. Dahinter steckt die Furcht, dass auch die heimischen Banken von der Ungarnkrise in Mitleidenschaft gezogen werden könnten. Die Renditen für zweijährige österreichische Staatsanleihen schossen heute um 10,7 Prozent in die Höhe, sind aber mit 1,533 Prozent auf insgesamt niedrigem Niveau. Die Zinsen für zehnjährige österreichische Staatspapiere liegen derzeit bei 3,316 Prozent. Zum Vergleich: Deutsche Papiere notierten am Donnerstagnachmittag bei 1,870 Prozent.
Im Schatten des Streits mit der EU wegen jüngster Verfassungsänderungen in Budapest und der unberechenbaren Wirtschaftspolitik der Regierung des Rechts-Nationalisten Viktor Orban sind in den vergangenen Tagen auch die Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen auf ein Rekordhoch geschnellt. Das bedeutet, Ungarn muss für Geld, das es aufnimmt, wesentlich mehr Zinsen bezahlen. Seit September gab es bei den Renditen fast eine Verdoppelung - von 6,92 auf nunmehr 11,27 Prozent am Donnerstag.
Vor allem im vergangenen Monat kam es zu einer dramatischen Zuspitzung: Am 5. Dezember kletterte der Zinssatz auf 8,39 Prozent, am 26. Dezember hatte er 9,37 Prozent erreicht und am Mittwoch 10,70 Prozent.
Ungarischer Forint auf Rekordtief
Der ungarische Forint fiel den zweiten Tag in Folge auf ein Rekordtief zum Euro. "Es gibt nur zwei Akteure, die diese Entwicklung stoppen können", sagte ein Börsianer. "Die Notenbank mit einer Intervention oder Zinserhöhung und die Regierung, indem sie sich mit dem IWF einigt."
Ein Euro verteuerte sich am Donnerstag um bis zu 1,2 Prozent auf 324,10 Forint. Ein Dollar kostete mit zeitweise 251,98 Forint so viel wie zuletzt im März 2009. Budapester Aktienindex verlor in der Spitze vier Prozent. Damit summiert sich das Minus seit Jahresanfang auf sieben Prozent. Das ist der schlechteste Jahresauftakt seiner Geschichte.
Das klamme Ungarn gerät an den Märkten immer stärker unter Druck und setzt trotz eines Konflikts mit EU und IWF auf rasche Milliardenspritzen. Ungarn gilt mittlerweile als echter Problemfall für Brüssel: Die EU-Kommission hat die von Ministerpräsident Viktor Orban angestoßenen Verfassungsänderungen und die damit verbundenen neue Gesetze scharf als Verstoß gegen EU-Recht gerügt. Nicht nur die Unabhängigkeit der Notenbank, sondern auch von Richtern, Medien und der Datenschutzbehörde ist nach Befürchtung der EU in Gefahr. Die Kommission prüft, ob sie Ungarn zu einer Korrektur der Gesetze über Vertragsverletzungsverfahren zwingen kann.
(Ag.)