EZB-Risiken wegen Schuldenkrise höher als bekannt

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GERMANY EUROPEAN CENTRAL BANK(c) EPA (Boris Roessler)
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Die Zentralbank soll mehr Geld verliehen haben, als durch den Ankauf von Staatsanleihen angefallen ist. Zahlreiche Banken in Krisenstaaten sollen daran schuld sein.

Die finanziellen Risiken der Europäischen Zentralbank (EZB) sind Medieninformationen zufolge deutlich höher als bisher angenommen. Offiziell hat die Zentralbank Staatsanleihen mit einem Volumen von 212 Milliarden Euro aufgekauft. Sie stützt damit Euro-Krisenstaaten wie Griechenland und Italien. Faktisch habe die EZB den Staaten aber - über eine Finanzierung der dortigen Banken - weitaus mehr Geld geliehen, berichtete die "Welt am Sonntag". Im Falle von Staatspleiten könne der Notenbank deshalb ein zusätzlicher Ausfall von hinterlegten Sicherheiten im dreistelligen Milliardenbereich drohen.

Hintergrund sind staatlich garantierte Bankanleihen, die die Notenbank von Finanzhäusern als Sicherheit für die Ausgabe von Liquidität akzeptiert. Nach Recherchen der "Welt am Sonntag" haben Banken in Griechenland, Portugal, Spanien, Italien und Irland solche staatsgarantierten Anleihen mit einem Volumen von 208,7 Milliarden Euro aufgelegt, die nur mit einer Garantie ihrer wackeligen Heimatländer besichert sind. Von der Möglichkeit, solche Anleihen als Sicherheit beim Euro-System zu hinterlegen, hätten Banken aus den Peripherie-Staaten rege Gebrauch gemacht haben, berichtete die "WamS" unter Berufung auf mehrere Notenbanker.

Das neue deutsche Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen will im EZB-Direktorium nach eigenen Worten Teamspieler sein. Das Exekutiv-Direktorium müsse nach außen geschlossen auftreten, sagte er der Zeitung. Das frühere EZB-Direktoriumsmitglied Jürgen Stark hatte die innerhalb der EZB getroffenen Entscheidungen auch öffentlich kritisiert. Der frühere Finanz-Staatssekretär Asmussen ist anders als Stark nicht EZB-Chefvolkswirt - diesen Posten bekam in der vergangenen Woche überraschend der Belgier Peter Praet.

Unterdessen kritisierte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn im "Spiegel" mangelnden deutschen Einfluss in der EZB. Deutschland sei dort zunehmend "an den Rand gedrängt", sagte er. "All die schönen Sprüche, dass die EZB nach dem Modell der Bundesbank funktionieren würde und Deutschland als größtes Land eine Sonderrolle behalte, erweisen sich als Schall und Rauch." Dass mittlerweile weder der Präsidentenposten noch die Aufgabe des Chefvolkswirts von Deutschen besetzt seien, verdeutliche dies.

Der neue EZB-Präsident Mario Draghi werde zwar nicht unbedingt einknicken im Streit um höhere Staatsanleihen-Käufe durch die EZB. Stattdessen werde er "vermutlich den Druck auf die Staatengemeinschaft erhöhen, die Staatspapiere über den Luxemburger Rettungsfonds ESM zu kaufen", sagte Sinn. "Das ist zwar weniger schlimm, als wenn die EZB kauft, aber schlimm genug, weil Deutschland auch damit zu einem Gläubiger der Südländer wird. Wir sitzen so oder so in der Falle."

(Ag.)

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