Absturz von Smolensk: Ermittler schießt sich in den Kopf

Polen Militaeranwalt
Polen Militaeranwalt(c) EPA
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Er bat um eine Pause, dann war ein Schuss zu hören: Ein polnischer Militäranwalt wollte sich während einer Pressekonferenz das Leben nehmen.

Ein Mitglied der polnischen Militär-Staatsanwaltschaft hat sich am Montag in der Pause einer Pressekonferenz in den Kopf geschossen.

Die Pressekonferenz in Posen drehte sich um Vorwürfe gegen die Militär-Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit den Ermittlungen zum Flugzeugunglück von Smolensk. Die Zeitung "Rzeczpospolita" hatte einen Bericht veröffentlicht, wonach sich die Behörde unerlaubt Handy-Daten und SMS-Mitteilungen von Journalisten sowie Ermittlern des Flugzeugunglücks beschafft habe, um diese zu bespitzeln. Dabei wollte sie aufspüren, wie Informationen aus der Ermittlergruppe an die Presse gelangt waren.

"Habe nie Schande über Plen gebracht"

Militäranwalt Mikolaj Przybyl leugnete Abhörungsversuche von Jornalisten. Dann verlas er ein Statement: "Während meiner ganzen Zeit als Anwalt habe ich nie Schande über Polen gebracht und ich werde die Ehre der Angehörigen der Polnischen Armee und der Staatsanwaltschaft schützen. Danke, bitten geben sie mir fünf Minuten, ich brauche eine Pause." Przybyl verließ den Raum, danach kam es zu dem Selbstmordversuch. "Wir haben einen dumpfes Geräusch gehört und dachten zunächst, eine Kamera sei umgefallen. Dann haben wir ihn regungslos in einer Blutlach liegen gesehen, seine Waffe lag neben ihm", schildert ein Journalist gegenüber BBC. Der Anwalt ist außer Lebensgefahr, sein Zustand wird als stabil beschrieben.

Das Flugzeugunglück von Smolensk

Der polnische Präsident Bronislaw Komorowski zeigte sich am Montag bestürzt über den Selbstmordversuch. Er habe den Inlandsgeheimdienst BBN beauftragt, sich mit dem Fall zu beschäftigen, so einer seiner Mitarbeiter gegenüber Journalisten. Innenminister Jacek Cichocki sagte eine "schnelle und sehr gründliche" Aufklärung des Vorfalls zu. Beim Absturz eines polnischen Regierungsflugzeuges in der Nähe der russischen Stadt Smolensk starben im April 2010 alle 97 Passagiere, darunter der damalige Staatspräsident Lech Kaczynski. Bis heute sind sich Polen und Russland nicht einig über die Ursachen des Unglücks. Während Moskau die Schuld alleine bei den polnischen Piloten sieht, machen polnische Ermittler die Fluglotsen am Smolensker Flughafen mitverantwortlich.

(Ag.)

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