Die griechische Schuldenkrise treibt auf ihren nächsten Höhepunkt zu. In der EU und beim IWF wächst die Unzufriedenheit. Der tschechische Notenbankchef Miroslav Singer spricht sich gegen weitere Hilfe aus.
Athen/Prag/Ag./Red. Die griechische Schuldenkrise treibt auf ihren nächsten Höhepunkt zu. Athen muss damit rechnen, dass es zu weiteren Verzögerungen bei der eigentlich bereits für Dezember geplanten Überweisung der nächsten Kredittranche von fünf Milliarden Euro kommt. Da das Land bei seinen Einsparungen und Reformen immer mehr in Rückstand gerät, wächst in den EU-Ländern, aber auch beim Internationalen Währungsfonds (IWF) die Unzufriedenheit. Es wird damit gerechnet, dass die Troika aus IWF, EU-Kommission und Europäischer Zentralbank neue Anstrengungen einfordert.
„Wir müssen jetzt handeln. Wir haben keine Zeit mehr“, drängte der griechische Regierungssprecher Pantelis Kapsis. Er versuchte die Griechen auf weitere, noch härtere Sparmaßnahmen vorzubereiten. Die Kontrolleure der internationalen Geldgeber werden ab kommenden Montag in Athen erwartet, um die Sparfortschritte zu überprüfen.
Der tschechische Notenbankchef Miroslav Singer hat sich bereits indirekt gegen weitere Hilfen ausgesprochen. Seiner Ansicht nach wäre es sinnvoller, dieses Geld in die Rekapitalisierung von europäischen Banken zu investieren. In einem Gespräch mit der Tageszeitung „Hospodářské Noviny“ sagte Singer: „Wenn es nicht den Willen gibt, Griechenland eine sehr große Geldmenge aus europäischen Fonds bereitzustellen, sehe ich keine andere Lösung als den Austritt aus der Eurozone und eine massive Abwertung der neuen griechischen Währung.“
Laut Analysten der französischen Großbank Exane BNP Paribas droht Griechenland ein ungeordneter Zahlungsausfall. Im optimistischsten Fall könnte Athen kurzfristig fällige Forderungen in dreijährige Titel umwandeln. Es käme zu einem Schuldenschnitt von 50Prozent. Im schlechtesten Fall käme es zu einem ungeordneten Zahlungsausfall. Dann würde das Ausscheiden des Landes aus dem Euro wahrscheinlich. Die Analysten gehen davon aus, dass in diesem Fall auch die Stabilität der gesamten Eurozone auf dem Spiel stünde.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2012)