Börsen: Große Risiken in Ungarn und Tschechien

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Die Aktienmärkte in Zentral- und in Osteuropa stehen nach wie vor unter dem Eindruck der Schuldenkrise. Laut dem Team von Raiffeisen Research dürfte es erst ab dem zweiten Halbjahr wieder bergauf gehen.

Wien/Weber. Für die Aktienmärkte in Österreich und Osteuropa werden vorerst keine ruhigeren Zeiten anbrechen. Das erwartet zumindest das Team rund um Raiffeisen-Chefanalyst Peter Brezinschek. Nach zweistelligen Kursverlusten im Jahr 2011 dürfte es demnach besonders im ersten Quartal schwierig werden. Er sehe besonders in Ungarn und Tschechien noch ein „massives Abschwungpotenzial“, erklärte Brezinschek am Mittwoch vor Journalisten.

Auch für den heimischen ATX könnten weitere Rückschläge – nach einem Minus von mehr als 30 Prozent im abgelaufenen Jahr – nicht ausgeschlossen werden. Grund für den herben Rückschlag waren nach Ansicht der Raiffeisen-Experten die starke Gewichtung von Finanzwerten und konjunkturabhängigen Unternehmen im Index, aber auch die Probleme in Ungarn, wo Österreichs Wirtschaft stark engagiert ist. Auch neue Steuern wie die Kapitalertragssteuer hätten sich nicht gerade positiv auf die Performance ausgewirkt.

„Obwohl die österreichischen Unternehmen über eine gute Position verfügen, können sie sich nicht von der internationalen Entwicklung abkoppeln“, erklärte Birgit Kuras, Chefanalystin der Raiffeisen Centrobank. Auffällig sei jedoch, dass sich Investoren die Unternehmen jetzt wieder genauer anschauen und nicht etwa konjunkturabhängige Unternehmen bei schlechten Nachrichten pauschal abstoßen.

Ein Beispiel dafür ist der steirische Anlagenbauer Andritz, der trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage über volle Auftragsbücher verfügt und sich im vergangenen Monat deutlich besser geschlagen hat als der ATX. Optimistisch ist Raiffeisen auch für Kapsch TrafficCom und Lenzing.

Vorsicht bei Finanztitel

Für den Bankensektor zeigte sich RCB-Analyst Stefan Maxian noch skeptisch. Wie man am Kursverfall der UniCredit sehe, sei der Appetit der Anleger auf Finanztitel noch „sehr verhalten“. Jedoch sei man schon optimistischer als noch vor einem Quartal, weil viele schlechte Nachrichten bereits „eingepreist“ seien.

Mit einer Eskalation der wirtschaftlichen Situation in Ungarn rechnet Brezinschek nicht. Dies zeige auch die österreichische Staatsanleihenauktion vom Dienstag, die unter dem Eindruck der Krise im Nachbarland stand.

Ein freundlicheres Börsenklima erwarten die Raiffeisen-Analysten erst wieder ab dem zweiten Halbjahr 2012. Voraussetzung dafür sei, dass in der europäischen Schuldenkrise „langfristige Sanierungskonzepte“ vorgelegt werden, so Brezinschek.

Für die Jahresmitte sagt Kuras einen ATX-Stand von 1800 Punkten voraus, als machbaren Jahresendstand nannte sie 2200 Punkte. Derzeit liegt der heimische Leitindex bei knapp 1900 Punkten. Börsenneulinge und Kapitalerhöhungen dürften in nächster Zeit eher nicht zu erwarten sein: Laut Raiffeisen gebe es dafür auch keine große Notwendigkeit, sodass die meisten Firmen wieder auf ein besseres Umfeld warten dürften.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.01.2012)

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