Ex-OMV-Chef Ruttenstorfer endgültig freigesprochen

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Es sei zwar Insiderwissen vorgelegen, aber nicht der nötige Vorsatz der missbräuchlichen Verwendung, bestätigt das Oberlandesgericht die Erstinstanz. „Im Rückblick ist man immer gescheiter.“, sagt er.

Wien. „Ich war immer überzeugt, dass ich richtig gehandelt habe.“ Mit diesen Worten quittierte Ex-OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer am Donnerstag die Bestätigung des Freispruchs aus der ersten Instanz wegen des Vorwurfs des Insiderhandels. Auf die Frage, ob er heute wieder so handeln würde, meinte er jedoch: „Im Rückblick ist man immer gescheiter.“

Denn auch wenn Ruttenstorfer nun nach wie vor ein unbescholtener Mann ist, hätte er sich zumindest ein in Summe eineinhalbjähriges Verfahren erspart und könnte zudem heute auf dem Chefsessel der Industrieholding ÖIAG sitzen. Ruttenstorfer galt nämlich lange als Favorit für den Posten und hatte sich auch beworben. Der erstinstanzliche Prozess am 27. Jänner 2011, nur vier Tage nach dem Ende der Bewerbungsfrist für den ÖIAG-Chefposten, machte aber alle seine Chancen zunichte.

Ihren Ursprung hatte die Affäre jedoch bereits am 23. März 2009. Damals erfuhr Ruttenstorfer vom OMV-Aufsichtsrat, in welchem Ausmaß er Aktien für das langfristige Vergütungsprogramm der OMV kaufen muss. Ruttenstorfer erwarb daraufhin sofort Aktien im Wert von 632.000 Euro und meldete dies an die Finanzmarktaufsicht (FMA). Er hätte zwar rund ein halbes Jahr Zeit gehabt, die Aktien zu kaufen. „Ich wollte aber mit gutem Beispiel vorangehen“, so Ruttenstorfer beim erstinstanzlichen Prozess.

All das wäre auch für die FMA kein Problem gewesen, hätte die OMV nicht am 30. März ihr 21,2-Prozent-Paket an der ungarischen MOL an die russische Surgutneftegaz zu dem überraschend guten Preis von 1,4 Mrd. Euro verkauft. Der OMV-Kurs legte an diesem Tag kräftig zu, gab in den darauffolgenden Wochen aber wieder nach. Laut Ruttenstorfer war der Verkauf erst kurz zuvor – am 26. März – vereinbart worden. Zudem hätte er von Kursgewinnen ohnehin nichts gehabt, da er sich im Rahmen des Vergütungsprogramms zu einer dreijährigen Behaltefrist verpflichtet hatte.

Verdächtiges Mail von JP Morgan

Die FMA wurde aufgrund der zeitlichen Nähe der beiden Geschäfte dennoch hellhörig und leitete erste Ermittlungen ein. Bei diesen wurde bekannt, dass Surgutneftegaz bereits am Rande eines Opec-Treffens am 15. März Kontakt mit OMV-Mitarbeitern aufgenommen hatte. Dabei ist laut OMV-Angaben jedoch nicht konkret über die MOL gesprochen worden.

In ihrem Ermittlungsverfahren stieß die von der FMA eingeschaltete Staatsanwaltschaft in weiterer Folge jedoch auf ein E-Mail des Investmentbankers Jeremy Wilson von JP Morgan. Dieser schickte an Ruttenstorfer am 22. März 2009 einen detaillierten Plan, wie ein Verkauf der MOL-Anteile an Surgutneftegaz ablaufen könnte. Ein Mitarbeiter von Wilson schickte sogar einen Vorschlag für eine Presseaussendung, in der der Verkauf der MOL-Anteile an Surgutneftegaz bekannt gegeben wurde.

Im Verfahren der ersten Instanz verteidigte sich Ruttenstorfer mit der Aussage, dass er von einem Abschluss des MOL-Verkaufs deutlich weniger überzeugt gewesen sei als Wilson. Eine Version, die dieser bestätigte, und seinen eigenen Optimismus mit dem erhofften Honorar begründete.

Unter dem Strich sahen beide Instanzen das „Vorliegen einer Insiderinformation“. Es habe keinen vernünftigen Grund gegeben, am Abschluss des MOL-Verkaufs zu zweifeln. „Das allein reicht jedoch nicht. Es ist auch der Vorsatz der missbräuchlichen Verwendung zur Gewinnerzielung notwendig“, so der Richtersenat in seiner Urteilsbegründung. Die FMA fordert daher eine Gesetzesänderung, wonach bei fahrlässiger Verwendung von Insiderinformationen kein Vorsatz mehr gegeben sein muss.

Die FMA selbst hat Ruttenstorfer bereits 2010 zu einer Strafe von 20.000 Euro wegen Marktmanipulation verurteilt, weil er in einem Interview am 23. März 2009 gesagt hatte, dass die OMV die MOL-Aktien wahrscheinlich noch länger halten wird. Ruttenstorfer hat dagegen vor dem Verwaltungsgerichtshof Beschwerde eingelegt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2012)

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