Das Fehlen einer zentralen Figur der Rechtsextremen hat für Ermittler nicht nur Vorteile.
Seit Osama bin Ladens Tod hat man von der al-Qaida nicht mehr allzu viel gehört. Und auch die österreichische Neonaziszene scheint seit der Verhaftung der zentralen Führerfigur Gottfried Küssel nicht wahnsinnig aktiv zu sein. Es scheint also etwas dran zu sein am Konzept, dass eine Bewegung mit der Entfernung wichtiger Führungspersönlichkeiten an Schlagkraft verliert.
Auf der anderen Seite steht aber auch ein anderer Effekt – die Aktivitäten der verbliebenen Personen lassen sich nicht mehr so leicht überwachen. Im Fall von Gottfried Küssel, der als Bindeglied zwischen Alt- und Jungnazis weitgehend akzeptiert war, mussten sich die Ermittler einfach nur an seine Fersen heften, um ein Bild der Bewegungen in der Szene zu bekommen.
Seit das Aushängeschild der extremen Rechten in U-Haft sitzt, zersplittern die einzelnen Gruppen und bilden kleinere, konspirative Zirkel, die weniger Spuren hinterlassen und dementsprechend schwieriger zu knacken sind. Die Verfassungsschützer müssen sich also darauf einstellen, mehr in finsteren Ecken stöbern zu müssen. Und auch darauf, dass die extreme Rechte einen Märtyrer mehr betrauern kann.
Aber eines muss klar sein: Auch wenn die Ermittler nun mehr und vor allem kleinteiligere Arbeit vor sich haben, darf das kein Argument sein, extremistische Führerfiguren ungeschoren zu lassen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2012)