Erfolgreiche Anleihen-Auktionen von Spanien und Italien sorgen für Entspannung, die EZB lässt die Zinsen unverändert. Die grundlegenden Schuldenprobleme in Europa bleiben freilich ungelöst.
[Wien/Frankfurt/ag./Jil]. Tage wie diesen gab es in der Eurozone zuletzt selten. Am Donnerstag überschlugen sich die Agenturen und Onlinemedien mit Jubelmeldungen. Der Grund: Italien und Spanien konnten erfolgreich und zu niedrigeren Zinsen als bisher Anleihen am Markt platzieren. Was in normalen Zeiten eine Selbstverständlichkeit ist, kann in Zeiten der alles überschattenden europäischen Schuldenkrise die Börsen weltweit beflügeln. Die EZB zeigte sich zufrieden und ließ den Leitzins unverändert. Die grundlegenden Probleme der Staaten und Banken bleiben aber ungelöst. Die Details:
•Italien sammelte am Donnerstag insgesamt zwölf Milliarden Euro ein. Bei einjährigen Papieren lag die Rendite nur noch bei 2,735 Prozent – nach 5,95 Prozent im Dezember. Bei dreimonatigen Papieren fiel der Zins auf 1,644 Prozent und damit auf den niedrigsten Wert seit einem halben Jahr.
•Spanien konnte bei seiner ersten Auktion in diesem Jahr Staatsanleihen für fast zehn Mrd. Euro anbringen, rund doppelt so viel wie geplant. Die Durchschnittsrendite der Anleihen mit Laufzeit bis Juni 2015 lag bei 3,38 Prozent. Im Dezember hatte Spanien für 2015 auslaufende Bonds noch 5,18 Prozent zahlen müssen.
Die deutlich niedrigeren Renditen sind ein Zeichen dafür, dass die Anleger zumindest kurzfristig in Spanien und Italien vertrauen. Die Länder spielen eine Schlüsselrolle. Eine Rettung dieser Staaten durch die übrigen Euroländer scheint unmöglich. Griechenland, Irland und Portugal wurden mit Hilfsgeldern der EU und des IWF versorgt, weil sie sich an den Kreditmärkten nicht mehr refinanzieren konnten. Spanien und Italien gelten als zu groß, um unter den „Rettungsschirm“ zu schlüpfen. Ein unkontrollierter Bankrott eines dieser Staaten könnte das Ende der Eurozone bedeuten.
•Die EZB entschied nach den erfolgreichen Auktionen am Donnerstag, den Leitzinssatz weiter bei einem Prozent zu belassen. Sie hatte die Banken im Dezember erstmals mit Krediten mit dreijähriger Laufzeit versorgt – in der Höhe von fast 500 Mrd. Euro. Das Kalkül der EZB scheint aufzugehen. Vorerst zumindest.
Die Banken misstrauen sich zwar immer noch gegenseitig und parken Rekordsummen des frischen Geldes gleich wieder bei der Zentralbank – die jüngsten Anleihen-Auktionen in Europa weisen aber darauf hin, dass zumindest Staatsanleihen mit Laufzeiten von drei Jahren oder weniger wieder verstärkt Abnehmer finden. EZB-Chef Mario Draghi versicherte am Donnerstag erneut, die Banken weiterhin mit frischem Geld versorgen zu wollen.
Die Bilanz der EZB ist inzwischen auf mehr als 2,7 Billionen Euro angewachsen, und schon im Februar soll der Drei-Monats-Tender erneut aufgelegt werden. Draghi sieht angesichts der schwachen Wirtschaftsentwicklung in Europa aber keinen weiteren Inflationsdruck: „Die Inflation wird noch einige Monate über der Zweiprozentmarke liegen, bevor sie unter diese Marke sinkt.“ Das ist freilich nur eine Durchschnittsangabe.
•In Portugal ist die Inflation 2011 auf ein Zehnjahreshoch von 3,7 Prozent gestiegen – damit lag sie mehr als doppelt so hoch wie 2010. In diesem Jahr soll die Inflation aber wieder sinken.
•Spanien musste Ende 2011 eingestehen, dass das Defizit bei mehr als acht Prozent liegt – nicht bei sechs, wie mit der EU vereinbart. Der Grund: Frühere Regierungen hatten Schulden in den Bilanzen der Regionen „geparkt“, was sich jetzt rächt. Das hoch verschuldete Valencia wurde kürzlich herabgestuft. Die Renditen für Katalonien-Anleihen liegen fast doppelt so hoch wie jene der Zentralregierung. Die Region will nun die Steuereinnahmen einbehalten und nicht nach Madrid überweisen. Die spanische Industrieproduktion fiel im letzten Quartal 2011 um sieben Prozent.
•Wie teuer die „Rettung“ von Griechenland für EU-Länder wird, ist weiterhin unklar. Die Verhandlungen über eine Beteiligung der Banken an einem Schuldenschnitt stocken. Sollten sie scheitern, müssten die Euroländer ihre Hilfsgelder aufstocken. Oder Griechenland schlittert in den Bankrott. Dann würde ein neues, bedrohliches Krisenkapitel aufgeschlagen.
Auf einen Blick
Spanien und Italien konnten am Donnerstag Anleihen zu relativ niedrigen Zinsen platzieren. Der Erfolg dürfte auf Maßnahmen der EZB zurückzuführen sein, die europäische Banken im Dezember mit einer halben Billion Euro versorgt hatte. Den Leitzins beließ die EZB am Donnerstag unverändert bei einem Prozent. Die Schuldenprobleme in Spanien und Italien sind aber nicht gelöst. Am Freitag folgt die nächste Auktion.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2012)