"Cruise-Collection": Urlaub im Kasten

Vorbotin des Frühlings und Nachschub für unersättliche Kunden: Die "Cruise-Collection" spielt mehrere Stückchen.

Der amerikanische Modemacher Michael Kors, berichtete die „Financial Times“, machte unlängst einen interessanten Vorschlag. Er halte wenig vom Konzept der Pre-Collections, ließ er ausrichten, und schlug vor, sie als „New Drop“ zu bezeichnen – als frischen Tropfen, der zwischendurch in die Boutiquen plätschert. Gar nicht dumm eigentlich – so wichtig für die Marken die ständige Fütterung ihrer modehungrigen Kunden ist, so irreführend ist das Jahreszeitenkonzept geworden. Immerhin gibt es neben der Sommer- und der Winterkollektion auch eine wollig-wohlige Pre-Fall-Collection, die im Mai, und eine knappe und kesse Cruise-Collection, die im November in die Läden kommt. Mit Klima und Witterung hat das nur mehr wenig zu schaffen.


Sehnlich erwartet. Irgendwann war alles ja noch ganz einfach: Da machten Haute-Couture-Häuser den feinen Damen zweimal im Jahr Vorschläge für die Erneuerung ihrer Garderobe. Die Modelle, die gefielen, wurden gleich nach dem Defilee geordert und nach Maß hergestellt; ein paar Wochen später hingen sie schon im Schrank. Im Lauf des 20. Jahrhunderts lief aber auch im Luxussegment vorproduzierte Konfektionsware (die Prêt-à-porter-Mode) den von Hand gefertigten Kleidern den Rang ab. Längere Produktionszeiten von in großer Stückzahl produzierten Kollektionen führten dazu, dass die Präsentationen um fast sechs Monate vorverlegt wurden. Schon im September wird Frühlingsmode gezeigt, und sofort beginnen Blogs und Onlinemedien damit, die brandaktuellen Laufstegbilder massenweise zu verbreiten.  

Für modeaffine Endverbraucher ergibt sich daraus eine gewisse Verwirrung, getoppt von Ungeduld. Schließlich bekommen sie unentwegt Kleidung zu sehen, die es nirgendwo zu kaufen gibt. Was in den Geschäften gerade als neue Ware angepriesen wird, nehmen sie hingegen schon als irgendwie gestrig wahr. Ein Dilemma! Da kommt dem Modezirkus naturgemäß die in den USA seit Langem gut etablierte Tradition der Pre-Collections recht, die dabei helfen, die Regale auch zwischendurch mit Neuem zu befüllen. So etwa die sogenannte Cruise-Collection, auch als Resort-Collection bekannt, die als Vorbotin wärmerer Tage schon im Spätherbst erhältlich ist. Ursprünglich war sie für High-Society-Damen gedacht, die sich über Weihnachten auf Kreuzfahrt in wärmere Gefilde begaben; in Kalifornien und Florida ist die Cruise-Collection um diese Jahreszeit ohnehin straßentauglich.

Um sie auch daheimbleibenden Ostküstenbewohnerinnen schmackhaft zu machen, wurden kurze Kleidchen, mit dem Etikett „Holiday Collection“ versehen, als kesses Partyoutfit zwischen Thanksgiving und den Weihnachtsfeiertagen angepriesen. Mit der Expansion amerikanischer Marken nach Übersee etablierte sich das Prinzip auch in Europa und Asien; umgekehrt mussten europäische Häuser, die sich in Nordamerika einen Namen machen wollten, ebenfalls Zwischenkollektionen anbieten, um zu reüssieren.

Als praktisch erweisen sich die Resort-Collections auch für Modelabels der südlichen Hemisphäre (die zum Beispiel auf der beliebten São Paulo Fashion Week präsentiert werden): Nicht wenige Händler aus Europa oder den USA kaufen diese Sommerlooks mit der Absicht ein, sie ins Zeitfenster der Zwischenkollektionen zu bugsieren.

Flashmob unter Palmen. Im Allgemeinen halten die Marken den Aufwand der Cruise-Präsentationen eher gering; eine Ausnahme ist Chanel: Karl Lagerfeld ließ in Saint Tropez sogar einmal einen ganzen Straßenzug sperren, um eine Art Flashmob-Defilee vorzuführen. Zur großen Freude des Publikums passt bei dieser Gelegenheit (so die Witterung mitspielt) die Außentemperatur zu jener, bei der die Cruise-Collection auch getragen werden soll .
Apropos Fangemeinde: Treue Anhänger diverser Hollywood-Granden werden ebenfalls bald ausreichend Zwischenkollektionsgewänder bestaunen dürfen. Die neuesten Abendroben aus den Pre-Fall-Collections (die als Vorahnung des Herbstes dann in die Läden kommen, wenn es draußen gerade heiß wird) müssen nämlich für Red-Carpet-Auftritte bei den Golden Globes und Oscars im Jänner und Februar herhalten. Alles andere gibt es schließlich schon zu kaufen.

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