Internet-Recht: Eigene Regeln über Online-Fans nötig

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In den USA betrieb ein Mitarbeiter nach der Kündigung einen Twitter-Account mit 17.000 "Followern" weiter. In Österreich sollte man solche Fälle im Dienstvertrag bedenken.

Wien. Erstmals hat ein Unternehmen in den USA einen ehemaligen Mitarbeiter geklagt, weil dieser einen Firmen-Twitter-Account mit 17.000 Followern weitergeführt haben soll. Im US-amerikanischen Anlassfall beschäftigte das Unternehmen PhoneDog einen Mitarbeiter, der unter dem Namen „Phonedog-Noah“ einen Twitter-Account betrieben hatte. Der Account war dabei aus dem Firmennamen PhoneDog und seinem Vornamen Noah zusammengesetzt.

Bis zu seiner Kündigung hatten ungefähr 17.000 Follower den Phonedog-Noah-Tweet abonniert. Nach seiner Kündigung benannte der Ex-Mitarbeiter den Twitter-Account einfach um; der Account ist nunmehr unter „NoahKravitz“ erreichbar. Den Gerichten stellt sich nun die Frage, wem der Twitter-Account bzw. die Follower „gehören“. Vergleichbare Fragen stellen sich im Übrigen auch bei sog. Facebook-Fan-Seiten, die – im Unterschied zu rein privaten Profilen – vor allem von Unternehmen zu Werbezwecken verwendet werden.

Fälle wie jene von PhoneDog gibt es auch in Österreich: Einerseits fordern Unternehmen ihre Mitarbeiter vermehrt dazu auf, die Möglichkeiten sozialer Netzwerke zu nutzen, um Kontakte mit Kunden zu knüpfen. Andererseits twittern viele Mitarbeiter auch ohne die Zustimmung ihres Dienstgebers zu unternehmensbezogenen Themen. Dabei sind sich meist weder Mitarbeiter noch Dienstgeber bewusst, wer das Anrecht auf die Twitter-Follower bzw. den Twitter-Account hat. Dies gilt insbesondere, wenn der twitternde Mitarbeiter das Unternehmen verlässt.

Nun könnte man die Twitter-Follower wie eine Kundenliste behandeln, welche im Unternehmenseigentum stehen würde. Dies wird von PhoneDog auch behauptet. Nach österreichischem Recht sind Kundenlisten zu Gunsten des Unternehmens gemäß §11 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geschützt, wenn sie ein Geschäftsgeheimnis darstellen. Da die Follower meist aber nur zum Teil bereits Kunden des Unternehmens sind und die Follower-Liste auf Twitter öffentlich einsehbar ist, sodass sie kein schutzwürdiges Geheimnis sein kann, greift §11 UWG in solchen Fällen nicht.

Ein weiterer Ansatzpunkt könnte im Urheberrecht liegen, demzufolge solche Werke, die vom Dienstnehmer im Rahmen seiner dienstlichen Obliegenheiten geschaffen werden, prinzipiell dem Dienstgeber gehören. Da die Follower-Liste vom Dienstnehmer aber nicht im urheberrechtlichen Sinne erschaffen wird, bietet auch das Urheberrecht keine Abhilfe.

Den stärksten Ansatzpunkt bietet das Kennzeichenrecht: Beinhaltet der Twitter-Account-Name etwa das Firmenschlagwort (wie etwa „PhoneDog“) oder eine registrierte Marke des Dienstgebers, so kann dem Ex-Mitarbeiter die Fortführung des Twitter-Accounts untersagt werden. Derartige Untersagungsrechte erweisen sich aber dann als zahnlos, wenn der Twitter-Account – wie im PhoneDog-Fall – einfach umbenannt wird und nur mehr aus dem Namen seines Betreibers besteht.

Beruflich oder privat getwittert?

Vor allem in solchen Szenarien muss die Lösung im Arbeits- bzw. Vertragsrecht gesucht werden. Normalerweise enthalten Dienstverträge jedoch keine Regelungen betreffend die Zugehörigkeit von Twitter- oder anderen Social-Media-Accounts. In solchen Fällen ist ausschlaggebend, ob der Dienstnehmer den Twitter-Account in Erfüllung seiner Dienstpflichten geführt hat. Eindeutig können daher jene Fälle beurteilt werden, in denen der Dienstnehmer den Twitter-Account auf Anweisung seines Dienstgebers erstellt hat. Hier gilt, dass dem Dienstgeber alle Rechte am Twitter-Account zustehen. Wenn der Dienstnehmer den Twitter-Account aber rein auf eigene Initiative hin erstellt und nur außerhalb seiner Dienstzeit getwittert hat, wird der Account dem Dienstnehmer zustehen.

Schwierig sind jene Fälle zu beurteilen, in denen der Dienstnehmer einen privaten Twitter-Account betreibt, diesen später aber auf Anweisung seines Dienstgebers auch für dienstliche Zwecke verwendet. Das gilt insbesondere dann, wenn sich der Anteil der Follower, die auf private Tweets zurückzuführen sind, im Verhältnis zum Anteil der „beruflichen“ Follower nicht mehr ermitteln lässt.

Um Auseinandersetzungen über die Rechte an Social-Media-Accounts im Allgemeinen zu vermeiden, sind Dienstgeber gut beraten, klare vertragliche Regelungen in alle Dienstverträge aufzunehmen. Beispielsweise könnte ein Dienstvertrag vorsehen, dass private Twitter-Accounts nicht zu beruflichen Zwecken verwendet werden dürfen, sondern hierfür neue Twitter-Accounts anzulegen sind, die dafür aber ausschließlich dem Dienstgeber gehören. Eine solche Vorgehensweise wäre übrigens auch vor dem Hintergrund des Spam-Verbots gemäß §107 des Telekommunikationsgesetzes ratsam, da die Follower eines ursprünglich privaten Accounts zum damaligen Zeitpunkt wohl kaum ihre Zustimmung erteilt haben, elektronische Werbenachrichten eines Unternehmens zu erhalten.

Mag. Alexander Schnider ist Rechtsanwalt bei Wolf Theiss,
Dr. Lukas Feiler ist Rechtsanwaltsanwärter bei Wolf Theiss.

Auf einen Blick

Twitter ist einer der beliebtesten Social-Media-Dienste; damit können Nutzer elektronische Kurznachrichten (sog. Tweets) versenden. Leser, welche die Tweets eines anderen Nutzers abonniert haben, werden als „Follower“ bezeichnet. In einem US-amerikanischen Fall klagte ein Unternehmen einen ehemaligen Mitarbeiter, weil dieser einen Firmen-Twitter-Account mit 17.000 Followern weitergeführt haben soll. Auch im österreichischen Recht würde so ein Fall neue juristische Fragen aufwerfen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2012)

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