Vom Ministerbüro in die Chefetage: Karrieren made in Austria

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In Österreich sind politische Postenbesetzungen so etwas wie Kulturgut. Einzigartig am Fall Pelinka ist die Tatsache, dass er von sich aus einen Rückzug gemacht hat. Die prominentesten Beispiele.

Wien. Der Fall Nikolaus Pelinka hat das Zeug dazu, in die österreichischen Geschichtsbücher einzugehen. Nicht, weil der ehemalige Pressesprecher von SPÖ-Unterrichtsministerin Claudia Schmied im vergangenen Jahr plötzlich einen feinen Lobbying-Job in den ÖBB bekommen hat. Auch nicht, weil er als Büroleiter von ORF-Chef Alexander Wrabetz vorgesehen war. Nein, solch erstaunliche Karrieresprünge von Ministerbüros in die obersten Etagen von Staatsunternehmen sind in Österreich gute Tradition – sie alle zu beschreiben, würde wohl jedes Geschichtsbuch sprengen.

Einzigartig am Fall Pelinka ist die Tatsache, dass er von sich aus einen Rückzug gemacht hat. Um das „unwürdige Theater“ zu beenden, wie er formulierte. Das ist eindeutig eine Zäsur. Ohren anlegen und aussitzen – so lautete bisher das Motto, wenn der öffentliche Unmut über Versorgungsjobs für Politgünstlinge gar zu laut wurde.

Wobei gerechterweise gesagt werden muss: Es ist selten, dass ein politisch motivierter Karrieresprung hierzulande so massiv und breitflächig abgelehnt wird, wie jener Pelinkas. Versorgungsjobs werden zwar regelmäßig von diversen Medien thematisiert und kritisiert. Es scheint aber, als hätte sich die Bevölkerung achselzuckend damit arrangiert.

Und so gilt es seit jeher als ungeschriebenes Gesetz, dass verdiente Ministersekretäre nach ihrer Tätigkeit in der Politik gerne „in die Privatwirtschaft“ wechseln – soll heißen: in Staatsunternehmen. Im Bereich der Bundesbahnen wurden über die Jahre – egal welcher Partei der gerade amtierende Verkehrsminister angehörte – etliche Ex-Sekretäre untergebracht. In der staatlichen Straßenbaugesellschaft Asfinag detto. Aktuelles Beispiel ist dort Vorstand Alois Schedl – der war früher Sekretär von SPÖ-Bautenminister Karl Sekanina.

Beliebte E-Wirtschaft

Die berufliche Spielwiese der Ex-Sekretäre beschränkt sich allerdings keineswegs nur auf vollstaatliche Unternehmen – da wär's ja dann doch ein wenig eng. Sehr beliebt – weil einfach durchzuboxen – waren immer schon Karrieresprünge von der Politik in die heimische E-Wirtschaft. Dort ist ja der Anteil der öffentlichen Hand per Verfassungsgesetz mit 51Prozent einzementiert, die Gehälter dort sind noch dazu ausgesprochen üppig.

Et voilà: Im Vorstand des größten österreichischen Stromkonzerns Verbund sitzt Ulrike Baumgartner-Gabitzer, einst Kabinettschefin von ÖVP-Vizekanzler Wolfgang Schüssel. Einer ihrer Kollegen ist Hannes Sereinig, einst Sekretär von SPÖ-Kanzler Franz Vranitzky. Sereinig wiederum holte sich vor Jahren einen Assistenten ins Haus – Christian Kern, zuvor Pressesprecher von SPÖ-Klubobmann Peter Kostelka. Kern wurde später ebenfalls Verbund-Vorstand, jetzt ist er ÖBB-Chef.

Ebenfalls im Kabinett Vranitzky arbeitete auch Rudolf Scholten. Mittlerweile ist er Chef der Kontrollbank, zuvor war er jahrelang Minister für Unterricht und Kunst, später für Wissenschaft, dann auch noch für Verkehr.

Und so geht's dahin: Herbert Götz war Kabinettschef von ÖVP-Vizekanzler Erhard Busek – und durfte sich später über einen Vorstandsjob bei der teilstaatlichen Post freuen. Immerhin arbeitete er dazwischen aber im Siemens-Konzern. Gerhard Schmid arbeitete einst als Assistent des Wiener SPÖ-Bürgermeisters Helmut Zilk, dann gab's einen feinen Vorstandsposten bei der Flughafen AG. Dieter Hoscher war Sekretär der roten Finanzminister Viktor Klima und Rudolf Edlinger, ehe er in den Vorstand der Casinos AG wechselte.

Es wird schwieriger

Alles Karrieren, die jahrelang zurückliegen. Und heute? Heute sei die Situation anders, berichten politische Beobachter. Das liege allerdings weniger daran, dass man Sorge über die verheerende Optik fachlich schwer nachvollziehbarer Personalentscheidungen habe. Vielmehr habe sich über die Jahre Entscheidendes in der Eigentümerstruktur der Unternehmen getan: Viele der teilstaatlichen Unternehmen sind mittlerweile börsenotiert, und da seien politische Postenbesetzungen schon weitaus schwieriger zu bewerkstelligen. Ein regelrechter Tumult unter den Aktionären wäre den Politikern sicher.

Da muss man sich halt mit reinen Staatsunternehmen begnügen. Jüngster „Coup“ von SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann: Anfang 2010 hat er Konrad Pesendorfer in die Chefetage der Statistik Austria setzen lassen. Zuvor war Pesendorfer sein wirtschaftspolitischer Berater.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2012)

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