Straches Statthalter in Wien auf Samtpfoten

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Johann Gudenus, FPÖ-Klubchef in Wien, stammt aus einer stramm rechten Familie, bemüht sich mittlerweile aber um ein Image als rechtskonservativer Pragmatiker.

Wien. Im Oktober 2010 zog Heinz-Christian Strache, damals nicht nur FPÖ-Bundeschef, sondern auch Parteichef und Klubchef der Wiener FPÖ, mit dem Anspruch in die Gemeinderatswahlen, „die rote Allmacht zu brechen“ und SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl zu beerben. Die FPÖ erreichte zwar 27 Prozent der Stimmen und eroberte eindrucksvoll den zweiten Platz von der ÖVP zurück – für das höchste Amt der Stadt reichte es aber doch bei Weitem nicht. Strache zog es daraufhin wieder in den Nationalrat zurück, und er übergab in Wien die Klubführung an Johann Gudenus.

Für Strache war die Wahl seines Wiener Statthalters eine gute. Denn Gudenus (Jahrgang 1976) werden heute viele Rosen gestreut. Er gilt im privaten Umgang als höflicher, gebildeter Mensch, manche sprechen sogar von „einem Schwiegermuttertyp“. Er hat die Rathaus-FPÖ, die ideologisch weit auseinanderdriftet, heute gut im Griff, er wird auch trotz seiner relativ jungen Jahre als Chef anerkannt. Und er kann Themen im Gemeinderat auch mit freiheitlich-rechten Worten vertreten, sich zugleich aber auch um gemäßigt-pragmatische Ansätze bemühen.

Mittlerweile fällt vielen Rathauskennern auf, dass Strache selbst, wiewohl immer noch Landesparteichef, an weniger Sitzungen persönlich teilnimmt und Gudenus ganz die Wien-Kommunalpolitik überlässt. In der FPÖ wird dies mit Straches vielfältigen bundespolitischen Aktivitäten begründet. Gudenus selbst verneint, dass Strache wenig im Rathaus aktiv sei. Zur „Presse“ sagt er: „Ich bin seine rechte Hand in Wien. Wir machen viel gemeinsam, er ist immer dabei und nicht wegzudenken.“

Mitglied bei der „Vandalia“

Gudenus ist heute nicht nur Straches Statthalter, sondern auch ein herzeigbares Gesicht mit einem herzeigbaren Lebenslauf. Theresianische Akademie, Jusstudium, Adelsfamilie. Doch es gibt auch die „rechte Seite“ im Leben des FPÖ-Klubchefs. Sein Vater John Gudenus erlangte als FPÖ-Parlamentarier zweifelhafte Berühmtheit, als er wegen Holocaust-Verleugnung rechtmäßig verurteilt wurde (seine Strafe wurde ihm mittlerweile endgültig nachgesehen). Der Junior ist – so wie viele Führungskader der FPÖ – auch Mitglied einer schlagenden Burschenschaft. Wie sein Vater ist Gudenus junior bei der „Vandalia“, wo er unter dem Namen Wotan auftritt.

In jungen Jahren kehrte Johann Gudenus extremistische Seiten heraus – indem er mit einem Kommunistenstern herumlief und mit kommunistischen Ideen kokettierte. Da sei er erst zwölf, dreizehn gewesen und habe die Eltern provozieren wollen, sagt Gudenus heute zu dieser Zeit.

Im Jahr 1996 wurde Gudenus FPÖ-Bezirksrat im neunten Bezirk und trieb sich dort auch in Rechtsaußen-Zirkeln herum. 2003 wurde der Jusstudent Gudenus Obmann des Ringes Freiheitlicher Jugend (bis 2010) und versprach damals eine „bodenständige und völkische“ Politik. Zugleich knüpfte er in dieser Funktion viele Kontakte zu internationalen rechten Größen – womit er für Strache auch in dieser Hinsicht eine wichtige Stütze wurde.

Mittlerweile gibt sich Klubchef Gudenus ideologisch weit gemäßigter. Jeder mache einen Wandel durch vom Jugendlichen zum Erwachsenen, sagt er, und bezeichnet sich selbst als gemäßigten, wertebezogenen Politiker, der in der Mitte bis rechts der Mitte stehe.

In seiner Rolle als Straches Wien-Statthalter fühlt sich Johann Gudenus auch ganz wohl – und er scheint erfolgreich zu sein. „Eigene Umfragen machen wir zwar nicht“, sagt Gudenus. „Aber wir wissen, dass wir in Wien sicher über 30 Prozent haben.“ Ein Zuwachs, der natürlich auch auf die Schwäche der einzig verbliebenen Oppositionspartei, der ÖVP, zurückzuführen ist.

Und genau dort will er auch ansetzen. „Wir sind in Wien die einzige Oppositionspartei und damit für viele ÖVP-Wähler die einzig verbliebene Alternative.“ Inhaltlich setzt er daher auch auf die klassischen Oppositionsthemen: die Gebührenbelastung in Wien, die die FPÖ auch rechtlich (eine VfGH-Klage ist in Planung) bekämpfen will, die Schuldenpolitik der rot-grünen Wiener Regierung und natürlich die klassischen FPÖ-Themen – Integration, Ausländer, Asyl. Wobei er auch da relativiert. „Echte Flüchtlinge gehören natürlich geschützt, aber wir sind vehement gegen den Missbrauch durch Asylanten.“

„Gute Gesprächsbasis mit der ÖVP“

Interessant ist, dass Gudenus auch keine persönlichen Berührungsängste zur ÖVP hat. Er habe eine gute Gesprächsbasis zu den Schwarzen, sagt Gudenus. „Und wir könnten als Opposition weit mehr zusammen machen.“ Auf sachlicher Ebene. Da scheint es Gudenus ähnlich wie sein Mentor Strache zu halten, der ja auf sachlicher Ebene auch eine gute Gesprächsbasis zu ÖVP-Größen haben soll.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.01.2012)

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