Ägyptens neues Parlament hält erste Sitzung ab

New Egyptian parliament holds first session
New Egyptian parliament holds first session(c) REUTERS (Pool)
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Knapp ein Jahr nach der "Revolution" wurde im neuen Parlament für die "Märyrer gebetet". Und ein ultrakonservativer Abgeordneter sorgte für Wirbel.

Es ist ein historischer Tag für das neue Ägypten: Knapp ein Jahr nach der "Revolution", also dem Sturz von Präsident Hosni Mubarak, ist am Montag das Abgeordnetenhaus zu seiner ersten Sitzung zusammengetreten. Zu Beginn sprachen die knapp 500 Parlamentarier ein Gebet und leisteten den Amtseid.

"Ich lade die ehrenwerte Versammlung ein, sich zu erheben und zum Gedenken der Märtyrer der Revolution vom 25. Jänner die Fatiha zu beten", sagte der 81-jährige liberale Abgeordnete Mahmoud al-Saqa, der Alterspräsident des Parlaments. "Das Blut der Märtyrer hat diesen Tag hervorgebracht."

Wirbel um Ultrakonservativen

Ein Parlamentarier nach dem anderen legte idann n der Parlamentskammer den Schwur ab, die "Sicherheit der Nation und die Interessen des Volkes" zu wahren und das Gesetz zu achten. Ärger gab es, als der ultrakonservative Parlamentarier Mamdouh Ismail seinem Schwur hinzufügte, auch "das Gesetz Gottes zu befolgen". Trotz mehrmaliger Ermahnung durch den Parlamentsältesten, sich an den Text zu halten und den Schwur ohne diese Passage zu wiederholen, hielt Ismail an den Worten fest.

70 Prozent der Abgeordneten stammen aus den Reihen der islamistischen Parteien. Dabei entfallen etwa 47 Prozent auf die Partei für Freiheit und Gerechtigkeit (Muslimbrüder) und etwa 24 Prozent auf die radikalen Salafisten der Partei des Lichts ("Hizb al-Nour"). Nur rund zwei Prozent der Abgeordneten sind Frauen. Zehn Abgeordnete gehören der christlichen Minderheit an, die etwa zehn Prozent der Bevölkerung ausmachen. Insgesamt zählt das Abgeordnetenhaus 508 Mandate, davon zehn Sitze, die direkt vom regierenden Militärrat bestimmt werden.

Bei ihrer ersten Sitzung sollten die Abgeordneten auch den Parlamentspräsidenten bestimmen. Aussichtsreichster Kandidat war Mohamed Saad al-Katatni von der Muslimbruderschaft.

Ein großes Aufgebot von Sicherheitskräften sicherte die Straßen rund um das Parlament. Das Parlamentsgebäude liegt in der Nähe des Tahrir-Platzes, wo die Gegner Mubaraks im vergangenen Jahr so lange demonstriert hatten, bis dieser seinen Rücktritt erklärte.

Parlament wählt im Juni neuen Staatschef

Das Parlament hat zunächst vor allem die Aufgabe, 100 Personen für die verfassungsgebende Versammlung auszuwählen. Für Juni ist die Wahl eines Staatspräsidenten geplant. Bis dahin soll die Übergangsregierung des Militärs an der Macht bleiben.

Mehrere Fluggesellschaften haben unterdessen am Montag laut einem Flughafensprecher in der ägyptischen Hauptstadt ihre Flüge von und nach Kairo wegen Sicherheitsbedenken ihrer Fluggäste gestrichen. Air France, Austrian Airlines sowie Fluggesellschaften aus Italien, Libyen, dem Jemen und Tunesien hätten ihre Flüge abgesagt, weil es kaum Nachfrage gebe, sagte ein Sprecher am Internationalen Flughafen Kairo.

Seitens der AUA hieß es, der Flug vom (heutigen) Montag sei bereits Anfang Jänner aus dem Programm genommen worden, weil die Nachfrage gering gewesen sei. Der Schritt habe nichts mit der Situation im Land zu tun. Die Kairo-Flüge am Mittwoch, Freitag und Samstag fänden wie geplant statt, ebenso die jeweiligen Rückflüge nach Wien.

Der "Jahrestag der Revolution des 25. Jänner" ist in Ägypten ein offizieller Feiertag. Mehrere ägyptische Parteien und Aktionsbündnisse wollen an diesem Mittwoch der "Märtyrer der Revolution" gedenken. Einige von ihnen wollen die Gelegenheit für Protestaktionen gegen den Militärrat nutzen, der nach dem Rücktritt Mubaraks im vergangenen Februar die Macht übernommen hatte.

(Ag.)

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