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Warum den Börsen noch ein Bärenüberfallbevorsteht und Bankaktien jetzt ein kurzes »Börsenpantscherl« wert sind.

Empfehlungen für Zeitgenossen,
die auf ihr Geld schauen

Die Börsen agieren derzeit, als würde es keine Eurokrise geben: In diesem Jahr zeigen die Indizes der wichtigsten Marktplätze geradezu bilderbuchmäßige Aufwärtstrends. Ein Zeichen dafür, dass doch sehr viel anlagesuchendes Geld im Markt ist und viele Fondsmanager langsam Erklärungsbedarf für hohe Cash-Positionen bekommen.

Befeuert und unterstützt wird das noch von den Notenbanken dies- und jenseits des Atlantiks, die ihre Politik der nahezu unbegrenzten Liquiditätsschwemmen gerade erst wieder prolongiert haben. Von der Seite her steht einer Börsenrenaissance wohl nichts mehr im Wege.

Wenn nicht die leidige Eurokrise wäre: Die wird in den kommenden Wochen und Monaten ganz ohne Zweifel noch einmal ordentlich hochkochen. Und damit auch die Börsenindizes noch einmal in den Keller befördern.

Investoren, denen kurzfristiges Handeln ein Gräuel ist und die die Absicht haben, ihre Papiere nach dem Kauf ein Jahr ungestört „abliegen“ zu lassen, sind also weiterhin gut beraten, an der Seitenlinie abzuwarten. Sie werden ihre Wunschaktien heuer noch billiger als jetzt bekommen.

Für die anderen gilt aber: Die laufende Welle lässt sich wohl noch ein bisschen „ausreiten“, bevor sie wieder in sich zusammenbricht. Wer mit vernünftigen Stopps arbeitet, muss den für kommenden Frühling absehbaren „Bärenüberfall“ auf die Märkte nicht fürchten.

Beim Einstieg würde ich jetzt aber schon ein bisschen selektiv sein: Indizes wie Dax, Dow Jones, aber auch der gute alte heimische ATX sind für die äußeren Umstände schon ein bisschen weit ohne markanten Rücksetzer gelaufen. Besonders bei Dax und ATX beginnen die einschlägigen Indikatoren (etwa der Relative-Stärke-Index RSI), eine überkaufte Situation anzuzeigen, die nach Korrekturen schreit. Insgesamt sind die Indizes charttechnisch zurzeit aber in ausgezeichnetem Zustand und die Aufwärtstrends intakt.

Attraktiv sieht derzeit – trotz schon recht kräftiger Kurssteigerungen in den vergangenen Tagen – eine Problembranche aus: die Banken. Sie sind die großen Gewinner der Notenbank-Geldschwemmen dies- und jenseits des Atlantiks. Dass sich die EZB offenbar entschlossen hat, über Dreijahres-Tender praktisch unbegrenzt Geld ins System zu schütten, hat die Institute stabiler – und die Katastrophenbewertungen ihrer Aktien obsolet gemacht. Sie sind auf aktueller Basis also krass unterbewertet. JPMorgan Chase rechnet damit, dass die Kurse von US-Banken in den kommenden beiden Monaten im Schnitt noch um 20Prozent steigen, bevor sie dann wieder „zurückkonsolidieren“. Die Banco Espirito Santo rechnet für Europa mit einer 30-Prozent-Rallye der Bankenwerte. Das Aufwärtspotenzial ist also erheblich. Allerdings, wie gesagt, nur dann, wenn man die Anlage nicht als Langfristengagement sieht und bereit ist, bei Drehen der Marktstimmung sehr schnell die Reißleine zu ziehen. Denn eine Verschärfung der Eurokrise, wie sie im März droht, wird Bankaktien sehr schnell wieder niederprügeln.

In den USA halten Experten derzeit Citigroup(ISIN US1729674242) für sehr attraktiv. In Europa sehen Barclays(ISIN GB0031348658) und UBS(ISIN CH0024899483) sehr gut aus. Es könnte sich aber auch auszahlen, besonders niedergeprügelte Werte ins Auge zu fassen. Etwa die deutsche Commerzbank(ISIN DE0008032004), die einige Kaufempfehlungen erhalten und auch schon deutlich zugelegt hat. Und natürlich kann man sich unter Trading-Gesichtspunkten auch die heimischen Großbanken Erste Group(ISIN AT0000652011) und Raiffeisen International (AT0000606306) ansehen. Aber: Stopp setzen nicht vergessen! Damit die erwarteten Gewinne der nächsten Wochen in der ebenso erwarteten Börsenabschwächung im Frühling nicht wieder dahinschmelzen oder gar ins Minus drehen.

Außerhalb des Finanzsektors sehen interessanterweise – trotz der erwarteten Konjunkturabschwächung – Autowerte recht gut aus. Genauer gesagt: deutsche Autowerte. In der Gunst der Analysten liegt da weiter die Vorzugsaktie von Volkswagen (ISIN DE0007664039) vorn, auch wenn sie ihren aktuellen Kurszielen schon sehr nahe ist. Bei Volkswagen muss man freilich ein wenig auf die Nachrichtenlage schauen: Ein ganzer Rattenschwanz von Prozessen in Zusammenhang mit der Porsche-Übernahme könnte bremsen.

josef.urschitz@diepresse.com diepresse.com/money

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2012)

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