„Zettl“: So viel München hat sich Berlin nicht verdient!

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Helmut Dietls „Zettl“ ist eine heillos überspannte Brachialkomödie mit erstklassiger Besetzung. Die Schauspieler tun ihm den Gefallen, so konsequent überdreht zu spielen, wie er es braucht. Ab Freitag im Kino.

Harald Schmidt als gestörter Ministerpräsident, Gert Voss als gebrochener Oberarzt, Sunnyi Melles als überschminkte Talkshow-Queen, Senta Berger als abgetakelte Sängerin, Dieter Hildebrand als verknitterte Fotografenlegende, Götz George als sterbender Kanzler ... Nein, an großen und beliebten Schauspielern hat Helmut Dietl nicht gespart. Sie tun ihm auch alle den Gefallen, so konsequent überdreht zu spielen, wie er es braucht. Weil er sie entlarven will, sie alle. Er, der Münchner, der gar nicht gern sieht, dass sich die Preußen so gut vorkommen, da oben in ihrer damischen Hauptstadt!

Dieser Subtext grundelt durch den ganzen Film, und ja, natürlich, Dietl weiß das und macht sich darüber selbst lustig, aber es hilft nichts. Dumpfe Klischees werden nicht besser, wenn man sie mit Augenzwinkern überzeichnet. Und es sind dumpfe Klischees: von lächerlichen, völlig korrupten Politikern und nur nach Tratsch, Sensationen und Auflage gierenden Medienleuten, die einander brauchen und hassen.

Kurz ein Strang der Handlung: Der Kanzler stirbt, darf aber noch nicht tot sein, weil sich so viele um seine Nachfolge reißen. Etwa die Bürgermeisterin: Sie ist in Wahrheit ein Mann und lässt sich entsprechend operieren, gibt aber vor, eine Fehlgeburt erlitten zu haben und adoptiert, um ihre Weiblichkeit glaubhaft zu machen, den Chefredakteur des frisch gegründeten Boulevardmagazins, der das aufdecken könnte und schließlich zum Regierungssprecher ernannt wird.

Immer fesch: Michael „Bully“ Herbig

Ihn spielt einer jener superfeschen Darsteller, die man immer gern in nicht so sympathischen Rollen sieht: Michael „Bully“ Herbig mit betont bayerischem Akzent als Emporkömmling aus dem Süden, der natürlich noch skrupelloser ist als alle autochthonen Bewohner von Gomorrha/Berlin, das auch so gern New York sein möchte, weshalb gleich zu Beginn, wenn der Hubschrauber auf dem Berliner Stadtplan landet, „New York, New York“ ertönt. Später hört man, wenn's besonders garstig wird, das Haydn-Thema, das die Deutschen als Hymne singen.

Als weibliches und berlinerisches Pendant zu Herbig gibt Karoline Herfurth die ehemalige Kanzlergeliebte, die selbstverständlich auch alles für Geld macht und sich ein bisserl schwer damit tut, als Herbig/Max beschließt, ab sofort ganz ehrlich zu ihr zu sein und umgekehrt. Das ist, gewiss auch wegen der herzigen Sommersprossen und rührend-koketten Blicke Herfurths, eine der wenigen Szenen von Zettl, wo man sich denkt, dass das eigentlich ein erträglicher Film hätte werden können. tk

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