Kein Orden: Fischer straft Straches Juden-Vergleich

Kein Orden Fischer straft
Kein Orden Fischer straftAPA/Artinger
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Bundespräsident Heinz Fischer verweigert Heinz-Christian Strache ein Ehrenzeichen - Grund dafür sind die Aussagen des FPÖ-Chefs beim WKR-Ball. Rechtliche Möglichkeiten gegen diese Entscheidung gibt es nicht.

Wien. Heinz-Christian Strache wird das „Große Goldene Ehrenzeichen mit dem Stern“ vorerst weder tragen noch den Österreichern „stiften“, wie er es eigentlich hätte tun wollen: Der Orden wird ihm nämlich nicht verliehen. Bundespräsident Heinz Fischer teilte am Dienstag in einer Aussendung mit, dass er dem Vorschlag der Regierung nicht Folge leisten und die Auszeichnung für den FPÖ-Chef zurückstellen werde.

Anlass sind kolportierte Äußerungen Straches beim Ball des Wiener Korporationsringes vergangenen Samstag in der Hofburg. Der FPÖ-Chef habe die Demonstrationen gegen die Veranstaltung „mit dem verbrecherischen und zahlreiche Todesopfer fordernden Novemberpogrom der Nationalsozialisten in Zusammenhang gebracht“, begründete Fischer seine Entscheidung.

Konkret soll sich Strache vor seiner Loge in der Hofburg über die teils heftigen Proteste gegen den WKR-Ball samt Brandanschlägen auf einige Burschenschafter-Buden empört haben – mit folgenden Worten: „Das war wie die Reichskristallnacht. Wir sind die neuen Juden.“ Was der FPÖ-Chef nicht wusste: Ein „Standard“-Journalist, der sich als Anhänger ausgegeben hatte, hörte mit.

Strache: „Verleumdungen“

Die Aussagen bestreitet Strache zwar nicht, er fühlt sich allerdings missverstanden. Via Facebook beklagte er sich am Dienstag über „bewusste Verdrehungen“ in der Berichterstattung. Die Dinge seien „völlig aus dem Zusammenhang gerissen“ worden. Dahinter vermutet er seine politischen Gegner: Sie würden sich „gezielter Verleumdungen und Manipulationen“ bedienen.

Ähnlich argumentierte am Nachmittag FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl: Die Agitation des Bundespräsidenten sei „pseudomoralisch“, sein Amtsverständnis „eigenwillig“. Auf Zuruf „der linken Jagdgesellschaft“ stelle Fischer traditionelle Gepflogenheiten infrage, indem er dem FPÖ-Chef einen Orden verweigere.

Es komme immer wieder vor, dass der Bundespräsident Ehrenzeichen zurückstelle, hielt die Präsidentschaftskanzlei dagegen – ohne konkrete Namen nennen zu wollen. Ob Strache der Orden später verliehen werden könnte – etwa nach einer Entschuldigung –, wollte oder konnte man nicht sagen.

Freie Hand für Heinz Fischer

Fest steht nur, dass sich Strache das Ehrenzeichen nicht erkämpfen kann. „Es gibt keinen Rechtsanspruch darauf“, sagte Heinz Mayer, Dekan der Wiener Jus-Fakultät, zur „Presse“. Das Gesetz aus dem Jahr 1952 sehe bloß vor, dass die Regierung Leute dafür vorschlagen kann. Der Bundespräsident habe aber freie Hand, ob er dem nachkommt.

Dass Abgeordnete – wie Strache – nach zehn Jahren einen Orden erhalten, ist nirgendwo festgeschrieben. Das wäre bloß „Usance“, heißt es aus dem Büro von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ). Automatisch würde dann bei der Regierung ein Antrag auf Verleihung des Ehrenzeichens gestellt. Genauso gut könnte das auch jeder andere Österreicher tun. Der einzige, der das nicht muss, ist übrigens Heinz Fischer: Der Bundespräsident erhält kraft Gesetz „mit dem Tage seiner Wahl für Lebensdauer“ den höchsten Orden der Republik.

Unterstützung erhielt Fischer am Dienstag auch von Michael Spindelegger (ÖVP): Das Mindeste wäre, dass sich Strache für seine Sager am Burschenschafter-Ball entschuldigt, sagte der Vizekanzler im Pressefoyer nach dem Ministerrat. Die Grünen forderten eine Klarstellung. Andernfalls müsse der FPÖ-Chef zurücktreten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2012)

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